Die Villa Felix soll James und Dirk gehören

Einstige Hausbesetzer wollen die Schreinerstraße 47 in Friedrichshain besitzen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Wenn sie an ihr Haus denken, ist den »Fröhlichen Friedrichshainern« gar nicht zum Lachen zumute. Nicht, dass den Bewohnern der Schreinerstraße 47 viel an Wohnkomfort liegt. Aber eine defekte Gasleitung, nur eine Dusche für drei Etagen, Schimmel in den Wänden und Fenster, durch die der Wind pfeift- das ist ihnen doch zu viel. Also beschlossen sie: Wenn der Eigentümer sich nicht kümmert, dann müssen wir selbst Eigentümer werden. Gedacht und fast schon getan. Eine kleine Genossenschaft ist bereit, das Haus zu kaufen und zu sanieren. Die etwa 30 Bewohner - die sich im Verein »Fröhliche Friedrichshainer« zusammenschlossen- sind bereit, in die Genossenschaft einzutreten. Fehlen noch mehrere Hunderttausend Euro für den Kauf und bis zu 2,5 Millionen Euro für die Sanierung. Fördergelder sind beim Senat beantragt. 2003 wird es aber nichts mehr mit der Staatsknete. Also erst einmal träumen. Ein Café und Proberäume für Musiker, das wäre ganz nach dem Geschmack von Bewohner James Emuze. Nicht mehr jeden Tag was kaputt und trotzdem höchstens 3,50 Euro pro Quadratmeter Miete, das wünscht sich Nachbar Dirk Moldt. Doch träumen allein reicht nicht. Der Bausenat rückt nur Fördergeld heraus, wenn ein Eigenanteil von 20 Prozent erbracht wird- in barer Münze oder in Arbeitsstunden. Warum wollen sich die Fröhlichen das antun, wo doch in Berlin genug Wohnungen leer stehen, bezugsfertig und nicht unbedingt teuer? »Wir möchten zusammenbleiben«, erklärt Emuze. In der Schreinerstraße steht ihm die Tür jedes Nachbarn buchstäblich offen. Viele schließen ihre Zimmer nicht ab. Die Schreinerstraße 47 wurde im Dezember 1989 besetzt. Nach der Schönhauser Allee 20 war es das zweite besetzte Haus in Ostberlin. Fünf der einstigen Besetzer leben noch hier. Einer ist gestorben- Silvio Meier. Ihn erstachen rechtsradikale Jugendliche 1992 im U-Bahnhof Samariterstraße, woran alljährlich eine Demo erinnert. Nach dem Sohn des Ermordeten heißt das Haus »Villa Felix«. Doch damit ist die Geschichte der Schreinerstraße 47 nicht erzählt. Die Kommunale Wohnungsverwaltung zeigte in Wendezeiten wenig Lust, sich mit Hausbesetzern abzuplagen, und machte private Eigentümer ausfindig, die bis dahin von ihrem Erbe nichts wussten. Rechtmäßig waren diese Erben nicht. Es stellte sich heraus, dass das Haus einst einer jüdischen Familie gehörte. Diese verkaufte es 1938 weit unter Wert, offenbar unter dem Druck faschistischer Verfolgung. Nachfahren waren 1997 nicht mehr auffindbar. Also bekam die Jewish Claims Conference die Immobilie, um sie an eine Investorengemeinschaft zu verkaufen. Seitdem haben die bis dahin nur geduldeten Hausbesetzer ordentliche Mietverträge. Ein Kaufangebot der Conference lehnten sie seinerzeit noch ab. Inzwischen...

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