Friedenscamp ist weiter zum Tor gewandert

Behörden kontrollierten, ob die Linden zur Protest-Partymeile geworden sind

Nach wie vor wird die Absperrung zur US-Botschaft als Litfaßsäule des Protestes gegen Bushs Abenteuer im Irak genutzt. Gestern fanden sich auch Plakate mit Dankesworten für den US-Präsidenten. Ganz nahe - neben der PDS-Mahnwache auf dem Mittelstreifen Unter den Linden - »Tücher der Trauer«. An ein 30 Meter langes Band geknüpft, klagen sie an. Das Friedenscamp ist über die querende Straße ein Stück Richtung Tor gezogen. Anwohner sollen sich beschwert haben, dass aus der Protestmeile längst eine Partymeile geworden sei. Die Lagerfeuer stören manchen, auch die zuweilen lautstarke Musik, die Schlafpavillons. Das Einstein-Café möchte den von ihm gemieteten Raum auf dem Streifen wieder mit Tischen und Stühlen besetzen und für seine Gäste reservieren. So gab es nach dreiwöchiger Duldung am Mittwoch eine Kontrolle durch das Grünflächenamt von Mitte, begleitet durch die Polizei. Sanft, aber bestimmt rät man den Akteuren von der PDS, den Stand auf »ein versammlungsrechtlich übliches Maß« zu reduzieren, den Fernsehapparat etwa und das großflächige Plakat zu entfernen. Was die PDS auch tut. Landesgeschäftsführer Carsten Schatz will hinter der Kontrolle keine politischen Motive vermuten. Bezirksamt wie Polizei hätten sich in den zurückliegenden 20 Tagen sehr kooperativ verhalten. Ohnedies soll wohl am Sonnabend die Mahnwache planmäßig beendet werden. Bestätigen wollte man das aber seitens der Berliner PDS nicht. Wie Frank Escher von Greenpeace meint, hätten die Vertreter des Friedenscamps ziemlichen Druck verspürt. Zwar sei man über die Straße gezogen, aber Greenpeace darf nun nicht jenes Banner, auf denen Leute ihre Meinung zum Krieg aufgeschrieben haben, über 200 Meter entlang den Linden aufrollen und zu einer Ausstellung machen. Es gebe sicher Vorschriften, wie eine Unterstellmöglichkeit für die Tag und Nacht ausharrenden Protestierer auszusehen habe, aber es gehe zuerst um Menschen, die für Frieden demonstrieren und in Nässe und Kälte ausharren, so Escher. Es war beanstandet worden, dass die Unterstände Seitenwände besäßen und damit nicht dem Gedanken des Rechts der freien Meinungsäußerung unter freiem Himmel entsprächen. Etwas unverständlich bleibt die Sache für Kai Wegrath vom Camp. Schließlich habe man sich mit Einstein verständigt und den Zeltplatz verschoben, da murre bereits das nächste Café. Man werde durchhalten, so Wegrath, bis die Waffen »wirklich schweigen«. Der junge Mann hatte zwei Wochen Urlaub genommen und nun seinen Tischler-Job gekündigt, um beim Mahncamp dabei zu sein. Dass die Kontrolle durch eine entsprechende Anfrage der CDU-Fraktion an den Senat ausgelöst wurde, wie am Orte zu hören ist, weist deren Sprecher Michael Thiedemann zurück. Eine solche Anfrage gebe es nicht und entspreche auch nicht dem Umgang der Fraktion mit politischem Protest, solange er friedlich bleibe. Gerüchte, nach denen es bisher zwei von den Ämtern gesetzte Fristen für eine Teilberäumung gegeben haben soll, wollen weder die Protestierer noch die Behörden bestätigen. Es hätten bisher lediglich einvernehmliche Gespräche der Beteiligten zum Thema stattgefunden, so ein Polizeisprecher. Er kündigte allerdings eine schriftliche Mitteilung der Versammlungsbehörde an die Veranstalter der Protestmeile an, in der die Beanstandungen wider das Versammlungsrecht festgehalten sind. Jederzeit wäre dann für das Camp ein Widerspruch auf dem Rechtswege möglich. Einen Grund, in die Situation einzugreifen, sehe man im P...

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