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Belgien senkte Benzinpreise
Staatliche Aufsicht reagierte vor Ostern auf Verbilligung des geförderten Rohstoffs
Für Belgiens Oster-Urlauber gab es vor den Feiertagen an den Tankstellen ein besonders angenehmes Osterei: Benzin und Diesel flossen rund zwei Cent pro Liter billiger aus den Zapfsäulen.
Die Preissenkung war den Mineralölkonzernen von der staatlichen Preisaufsicht Belgiens vorgegeben worden. Diese trug damit den vor Ostern deutlich gefallenen Preisen auf den internationalen Ölmärkten Rechnung. Ein zusätzlicher Preissenkungs-Effekt entstand aus dem wieder angestiegenen Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar. Weil die meisten Ölgeschäfte in Dollar abgewickelt werden, bedeutet ein stärkerer Euro automatisch niedrigere Einkaufspreise für die Mineralölkonzerne. Anders als in Deutschland unterliegen die Kraftstoff- und Heizölpreise in Belgien einer staatlichen Kontrolle. Die Überwachungsbehörde in Brüssel beobachtet ständig die Preisentwicklung in Rotterdam und auf den anderen großen Ölmärkten. Sie legt dann nach festen Regeln Maximalpreise fest, die an den belgischen Tankstellen nicht überschritten werden dürfen. Die Höchstpreise, die sich je nach Marktlage teils mehrfach im Monat ändern, werden mit der entsprechenden Begründung öffentlich bekannt gegeben. Für den Käufer von Benzin, Diesel oder Heizöl besteht damit Preis-Transparenz. In Deutschland ist diese Methode als staatlicher Eingriff in die freie Marktwirtschaft verpönt. Hier zu Lande wird vielmehr dem Glaubensbekenntnis vom freien Wettbewerb gehuldigt, wonach die Konkurrenz der unterschiedlichen Anbieter die Preisentwicklung von selbst reguliert. In der Praxis funktioniert dies aber bei den Benzinpreisen offenbar durchaus nicht immer - und immer weniger, seitdem die Tankstellennetze zunehmend in die Hände weniger Großunternehmen gelangen. Mit erstaunlicher Regelmäßigkeit zeigt sich ein scheinbar unwiderstehlicher »Herdentrieb«, nach dem alle »Konkurrenten« dem Marktführer selbst gegen die internationale Preisentwicklung folgen. Ein solches Verhalten drängt - gerade vor Feiertagen wie jetzt vor Ostern, als die deutschen Tankstellen die Preise im Gleichschritt um 3 Cent nach oben trieben - den Gedanken auf, dass die großen Mineralölkonzerne die Benzinpreise in der Bundesrepublik möglicherweise untereinander abstimmen. Dies allerdings wäre ein schwerwiegender Verstoß gegen die deutschen und europäischen Wettbewerbsregeln. Preisabsprachen zwischen konkurrierenden Unternehmen sind sowohl nach deutschem Recht als auch laut EU-Vertrag strikt verboten. Für die Verfolgung solcher Delikte ist in der Bundesrepublik das Bundeskartellamt, auf europäischer Ebene die Brüsseler EU-Kommission zuständig. Beide verfügen über weit reichende Befugnisse, solche Kunden-Abzocke aufzuspüren. So können sie unangemeldete Kontrollen in den Konzernzentralen vornehmen. Kann eine Preisabsprache bewiesen werden, sind drastische Sanktionen möglich. Die EU-Kommission kann bei illegaler Kartellbildung Bußgelder bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes der Unternehmen verhängen. Im Falle der Mineralöl-Konzerne in Deutschland ist der Verdacht geheimer Preisabsprachen bereits wiederholt aufgekommen, doch konnte er bislang noch nie nachgewiesen werden. Man kann hoffen, dass die Kartellwächter in Berlin und Brüssel die jüngste - gegen den Trend auf den internationalen Ölmärkten erfolgte - Preiserhöhung in Deutschland aufmerksam zur Kenntnis und den verdächtigen Gleichschritt aller Marktteilnehmer genau unter die Lupe nehmen. Eines hat der Vorgang allerdings erneut klar gemacht: Das unterschiedliche Preisniveau in Europa - Belgiens Autofahrer müssen für den Liter Super Bleifrei derzeit zwischen 93,5 Cent und knapp einem Euro berappen - ist nur zum Teil auf die verschiedenen nationalstaatlichen Regelungen zur Ökosteuer zurückzuführen. Immerhin machte die Differenz zwischen der vorösterlichen Preiserhöhung an deutschen Zapfsäulen und der gleichzeitigen Preissenkung im westlichen Nachbarland unter dem Strich satte fünf Cent pro Liter aus. Diese wurden nicht vom Fiskus eingestrichen, sondern dem deutschen Oster-Urlauber offensichtlich ...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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