Ende des Trauerspiels: Skandal-Ruine fällt

Büros, Hotel und Wohnungen an Stelle des »hohlen Zahns« an der Mollstraße

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Diesmal soll nichts mehr dazwischen kommen: »Im September wird die Ruine abgerissen«, ist sich Architekt Manfred Herrmann, Geschäftsführer der bauart-Beteiligungs GmbH & Co. Mollstraße KG, sicher. Nur noch zwei kleine Genehmigungen u. a. für die Nutzung des Straßenlandes fehlen, dann wird das öffentliche Ärgernis an der Otto-Braun/Ecke Mollstraße in Friedrichshain, das seit 1988 leer steht, endlich verschwinden. Nicht mal mehr Mehlschwalben werden die Abrissbagger wie noch 1994 zum Rückzug zwingen können. »Wir haben extra einen Ornithologen beschäftigt, der regelmäßig kontrolliert und dafür sorgt, dass sich keine Vögel mehr einnisten«, so Herrmann. Eigentlich sollte an Stelle der 17-geschossigen Skandal-Ruine längst »Pariser Flair« herrschen. Das versprachen jedenfalls 1992 der damalige Finanzsenator Pieroth (CDU) und die Investorengruppe Euwo, an die das landeseigene Grundstück vergeben worden war. Doch statt des angekündigten Geschäftszentrums »Paris-Berlin« baute Euwo einen Konkurs. Danach versuchte der Senat jahrelang vergeblich, die Immobilie zu verkaufen. Trotz ihrer günstigen Lage in Alex-Nähe war sie den Interessenten zu teuer. Erst als der Senat bereit war, deutlich unter dem Verkehrswert von 26 Millionen Mark zu verkaufen, kam das Geschäft mit bauart zustande. Insgesamt 140 Millionen Mark will das Unternehmen investieren. Geplant sind ein Hochhaus etwa in den Ausmaßen des jetzigen Gebäudetorsos und ein flacheres Gebäude an der Mollstraße, in denen Büros und ein Hotel eingerichtet werden. Auf dem Parkplatz dahinter entstehen vier sechsgeschossige Stadtvillen, davon drei Wohnhäuser mit 30 bis 40 »eigentumsfähigen Wohnungen«. In den verbindenden Sockelgeschossen sollen kleine Läden einziehen, an der Mollstraße ein großes Restaurant. 60 Prozent der Gewerbeflächen sind laut Herrmann schon vermietet. Besonders stolz ist der Architekt auf den so entstandenen Innenhof »mit einer Aufenthaltsqualität, wie man ihn an dieser verkehrsumtosten Ecke nicht vermutet«. Kleiner Wermutstropfen für die Anwohner: Ihre Parkplätze werden der Grünfläche und einem Spielplatz geopfert. Dafür sollen ihnen Stellplätze in der Tiefgarage zu günstigen Konditionen angeboten werden. Als weitere Kompensation erhalten sie für Feste und Familienfeiern eine kommunale Begegnungsstätte, für die vom Bezirksamt nur die Betriebskosten zu zahlen sind. Die Anwohner sind froh, dass der Schandfleck endlich verschwindet. Gegen das Euwo-Projekt waren sie allerdings noch Sturm gelaufen. »Das war alles zu hoch und wuchtig geplant«, so Günther Bahn, Sprecher der Bürgervertretung Barnimkiez. Viele Mieter hätten dann tatsächlich keine Sonne mehr gesehen. »bauart ist uns mit der aufgelockerten Bauweise entgegengekommen«, lobt er die Zusammenarbeit. Bis Jahresende soll die Ruine behutsam abgetragen werden. Ab Mitte 2002 ist der Beginn der Tiefenentrümmerung und der Aushub der Baugrube geplant. Ende 2004 könnte die neue Ecke dann fertig sein.

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