Alte Terroristen, neue Bündnisse

USA warnen Iran und übernehmen Saddams »Angestellte«

Die »New York Times« meldet, iranische Spezialkräfte seien zur Unterstützung der schiitischen Glaubensbrüder nach Irak eingeschleust worden. Die Top-News soll von US-Geheimdiensten stammen.

Die Information hätten sich die NYT-Kollegen vom Spirituosen-Händler gegenüber der Redaktion beschaffen können. Vermutlich wurde die Schlagzeile aber gebraucht, damit das intelligente Mundwerk des Präsidenten, Ari Fleischer, erklären kann: Das Weiße Haus hat der iranischen Regierung klargemacht, dass man weder eine Infiltration von Agenten noch eine Destabilisierung der schiitischen Bevölkerung zulassen werde.
Das klingt wie Pfeifen im Wald. Denn die nun angekündigten US-Patrouillen entlang der iranisch-irakischen Grenze sind ein Witz. Was können die USA schon dagegen tun, dass Schiiten Schiiten treffen - jetzt, wo die Westalliierten der Demokratie in Irak eine Bahn freigekämpft haben. Man muss - um aufstandspotent zu werden - nicht einmal Waffen oder Munition schmuggeln. Davon gibt es auf jedem irakischen Markt mehr als genug. Zudem haben die Schiiten nicht vergessen, dass die USA sie 1991 schmählich verraten haben, als sie sich gegen Saddam Husseins Regime erhoben hatten. Nun wächst in der schiitischen Bevölkerung der Widerstand gegen die US-Präsenz im Land. Bei den religiösen Feierlichkeiten in Kerbala, an denen eine Million Menschen teilnahmen, skandierten bereits Tausende: »Tod den Amerikanern!«.
Als der Diktator Saddam Hussein noch mit eiserner Hand regierte, waren solche grenzüberschreitenden Begegnungen limitiert und wurden streng überwacht. Auch wenn die US-Regierung, wie ein nicht genannter Mitarbeiter der »Washington Post« anvertraute, den Einfluss der Schiiten im Irak unterschätzt hat, so dürfte zumindest den Analytikern der CIA klar gewesen sein, dass der Präsident mit seinem Krieg die Büchse der Pandora kräftig geschüttelt hat. Es fragt sich, wie lange eilige Bündnisse den Deckel festhalten können.
Dass dies eine nahezu unlösbare Aufgabe ist, haben mehrere kompetente Politiker islamischer Staaten vorausgesagt. Auch wenn »die Politik des Irak in den vergangenen Jahren dazu führte, dass niemand Irak unterstützte«, so sei doch klar: »Je mehr die USA ihre Politik in der Region fortführen, desto mehr wird der Radikalismus zunehmen.« Das betonte kein Geringerer als der Vorsitzende des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik des iranischen Parlaments. Dr. Mohssen Mirdamdi gehört zu den gemäßigten Politikern seines Landes und weist darauf hin, dass Iran sich tunlichst heraushalten sollte. Zumal sein Land ganz oben auf der Liste der Terror verbreitenden »Schurkenstaaten« steht und von Bush der »Achse des Bösen« zugeordnet wird. Doch die Mullahs, die nichts lieber sahen als den Sturz des Schlächters Saddam Hussein, wissen sehr genau, dass »der große Satan« - so nannte Teherans Religionsführer und Armeechef Ajatolla Chamenei die USA erst jüngst - auch das Interesse verfolgt, Iran in die Zange zu nehmen. Der Verweis auf US-Kampftruppen in Afghanistan und Irak ergibt gemeinsam mit einem Blick auf die Karte eine bedeutende Drohkulisse.
Die NYT hatte das mit dem Hinweis auf die El-Badr-Brigaden verstärkt. 5000 Angehörige der unter dem Befehl von Ayatollah Mohammed Baqir al-Hakim stehenden Truppen, die von Irans revolutionären Garden ausgebildet und ausgerüstet werden, haben sich seit Jahren in Nordirak breit gemacht. Dort, wo Saddams Kräfte nicht hinreichten, operiert auch die radikal-islamistische Ansar-e Islam. Der Truppe hat die CIA mehrfache Kontakte zur Al Qaida von Osama bin Laden vorgeworfen, dessen Führungskreis offenbar in Iran starken Rückhalt hat. Immerhin wies Teheran - um die USA freundlich zu stimmen - auf einen Schlag 500 Al-Qaida-Männer aus.
Gegen pro-iranische Schiitenkampftruppen hatte Saddam Hussein die exiliranische Kampftruppe »Volks-Mujaheddin« in Stellung gebracht. Die wurde vor einigen Tagen quasi per Waffenstillstand von den USA übernommen - obwohl sie auf dem Terror-Gruppen-Index der eigenen Sicherheitsbehörden stehen. Auch in diversen Berichten des deutschen Verfassungsschutzes kann man sich über die offensichtliche polit-kriminelle Energie der Mujaheddin informieren.

Keine Sache rechtfertigt die Ermordung unschuldiger Menschen. Wir lehnen die Terroristen und den Terrorismus vehement ab. Wir müssen die zivilisierte Welt von diesem Krebsgeschwür befreien. Wir müssen unseren Feldzug auf allen Ebenen führen, mit jedem Instrument der Staatskunst und solange es erforderlich ist.*

Wir müssen der Herausforderung mit Taten begegnen, die den Globus vom Terrorismus befreien und eine Welt schaffen, in der alle Kinder Gottes ohne Furcht leben können.*

* US-Außenminister Colin P...

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