Mensch als »Versuchskaninchen« für Arzneimittel

Die klinische Prüfung von Medikamenten unterliegt strengen Regeln/Patienten sollten sich gut informieren

Von 30000 bekannten Erkrankungen kommen über 5000 selten vor. Dennoch leiden zahlreiche Menschen daran und hoffen auf ein wirkungsvolles Medikament gegen ihre Beschwerden. In Europa haben ca. 25 bis 30 Millionen Menschen solche Krankheiten. Tumorerkrankungen zählen ebenso zu ihnen wie angeborene Stoffwechseldefekte, die häufig lebensbedrohend sind. Entwicklung, Zulassung und Vertrieb von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen sind auf Grund der komplizierten Gesetzgebung sehr langwierig. Darüber hinaus sind nach Meinung von Pharmazie-Fachleuten sind viele Menschen auch zu wenig oder gar nicht über ihre Rechte im Falle einer Teilnahme an Arzneimittelstudien informiert. EU-Richtlinien zufolge darf eine klinische Prüfung nur dann durchgeführt werden, wenn eine ausreichende Abwägung des Nutzens und der Risiken stattgefunden hat. Eine Ethikkommission muss ihre Einwilligung gegeben haben. Dem Prüfungsteilnehmer sind seine körperliche und geistige Unversehrtheit zu sichern, seine Privatsphäre sowie der Datenschutz. Außerdem ist der Versicherungsschutz zu klären. Der Patient kann seine Teilnahme jederzeit beenden. Für die medizinische Versorgung hat ein Arzt zur Verfügung zu stehen. Die Deutsche Gesellschaft für Pharmazeutische Medizin e.V. weist darauf hin, dass die Diskrepanz zwischen dem Bewusstsein in der Bevölkerung über Arzneimittelforschung einerseits und den Erwartungen derer, die auf eine Arzneimittelbehandlung angewiesen sind, erheblich ist. Patient, die an einer Studie teilnehmen wollen, sollten vorher eine unabhängige Beratungsstelle konsultieren. Das kann eine Selbsthilfegruppe sein, die Ärztekammer oder die Ethikkommission selbst, die man ebenfalls über die Landesärztekammern (die Telefonnummern bei der Auskunft oder dem behandelnden Arzt erfragen ) erreichen kann. Aus Patientenbefragungen ergab sich, dass die Gründe an klinischen Studien teilzunehmen, sehr unterschiedlich sind. Zahlreiche Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung glauben, dass sie in Studien besser vom Arzt betreut werden. Wird diese Hoffnung enttäuscht, tritt Unzufriedenheit ein. Das Interesse an einer Studie nimmt auch ab, wenn sie über einen zu langen Zeitraum durchgeführt wird. Die Dauer (von 5 Tagen bis zu 2 Jahren) hängt vom jeweiligen Fall ab. Besonders schwierig gestaltet sich die klinische Prüfung von Medikamenten bei Kindern und Jugendlichen. In diesen Fällen werden besonders hohe Anforderungen an die Planung und Durchführung der Untersuchungen gestellt, so Prof. Fred Zepp, Direktor der Kinderklinik und Kinderpoliklinik der Universität Mainz. Außerdem haben Kinder viele biologische Besonderheiten. 75Prozent aller in den vergangenen 25 Jahren zugelassenen Arzneimittel seien nicht speziell für den Einsatz bei kindlichen oder jugendlichen Patienten geprüft. Gleichwohl seien aber viele dieser Mittel unver- zichtbar und werden deshalb von den Ärzten mit Zustimmung der Eltern chronisch kranker Kinder trotzdem eingesetzt. Eltern kranker Kinder wissen, wie lebensnotwendig dieser Einsatz ist. Die Krankenkassen übernehmen in solchen Fällen oft nicht die Therapiekosten. Kommt es gar zu einem Therapieschaden, haftet dan...

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