Der Köpenicker Ortsteil Friedrichshagen verdankt sein Entstehen einem Mangel. Seide, der bevorzugte Kleidungsstoff der Adligen im 18. Jahrhundert, musste für viel Geld importiert werden. Aber an Geld mangelte es im Preußenstaat Friedrichs II., wo jeder Heller in die Rüstung gesteckt wurde. Der Preußenkönig verfiel auf die Idee, den begehrten Stoff vor der eigenen Haustür zu produzieren und holte zu diesem Zweck Kolonisten in das noch immer durch den Dreißigjährigen Krieg bevölkerungsmäßig dezimierte Land. 1753 wurde Friedrichshagen auf Befehl seines Namensgebers als Siedlung für 100 Spinnerfamilien gegründet.
Einblicke in die Geschichte der Seidenproduktion und die Besiedlung des Berliner Südostens durch Kolonisten vor 250 Jahren vermittelt eine Ausstellung, die am Sonntag im Treptower Heimatmuseum am Sterndamm 102 für das Publikum offiziell eröffnet wird. Museumsleiterin Barbara Zibler und ihr Team waren vor zwei Jahren ausgewählt worden, am großen Berlin-Brandenburger Museumsprojekt anlässlich des Jubiläums 300 Jahre Preußen teilzunehmen. Die Ausstellung, die bis zum 31. August zu sehen ist, beschäftigt sich mit dem Zeitraum von 1750 bis 1800.
Die von Friedrich II. ins Land gerufenen Kolonisten kamen seinerzeit aus der Pfalz, aus Böhmen, dem Rheinland sowie aus der Schweiz und aus Sachsen. Sie siedelten im heutigen Alt-Treptow, in Johannisthal, Adlershof, Müggelheim und Friedrichshagen. Als Anreiz wurden den Neuankömmlingen für die damalige Zeit lukrative Vergünstigungen geboten. So waren sie zum Beispiel vom Militärdienst befreit, brauchten keine Soldateneinquartierungen hinzunehmen und in den ersten Jahren keine Steuern zu zahlen. Das Land, das sie bewirtschafteten, erhielten die Kolonisten als erbliches Eigentum geschenkt. Sie waren damit erheblich besser gestellt, als die eigenen preußischen Untertanen, was zu vielfältigen Konflikten führte.
Damals, Mitte des 18. Jahrhunderts, wurden auf Anweisung des Preußenkönigs Maulbeerbäume angepflanzt, die die Nahrungsgrundlage für die Seidenraupen bilden. Nach seinem Tod fand auch das Seidenprojekt zunächst ein Ende. Spätere Versuche, so 1830 und auch in der DDR, scheiterten. In der Ausstellung am Sterndamm ist unter anderem eine nachgebaute Kolonistenhütte zu besichtigen. Lebensgroße Puppen tragen für die damalige Zeit typische Kleidung. Die Schau gibt u.a. Auskunft auf Fragen wie: Was waren das für Leute, die vor 250 Jahren nach Preußen kamen? Wie wurden die Versprechen gehalten, die man ihnen gab?
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 10 bis 18 Uhr, Sonntag 14 bis 18 Uhr
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