Baumelnde Beene

Sommerliche Verneigung vor dem Dichter Klabund

  • Ingrid Feix
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Dichter Klabund, der eigentlich Alfred Henschke hieß, hat 14 Romane, 21 Gedichtbände, 24 Schauspiele, viele Erzählungen, zwei Literaturgeschichten und vieles mehr hinterlassen - und ist doch so gut wie vergessen. Zwei Berliner Schauspieler, Barbara Ratthéy und Bernd Kummer, sowie Heinz-Peter Köhler am Piano erinnern mit der musikalisch-literarischen Spurensuche »Kunter-Bunter-Gang« an den Sohn eines Apothekers, der zum Ärger seines Vaters beschlossen hatte, Schriftsteller zu werden. Mit 16 Jahren erkrankte er unheilbar an der Lunge und starb mit knapp 38 Jahren. Für den 1890 in Crossen an der Oder Geborenen wurde Berlin die Stadt, in der er in den 20ern vor allem mit Liebeslyrik, Nachdichtungen von Villon, japanischer und chinesischer Poesie, Chansons, Bänkelliedern und Moritatengesängen, aber auch mit Theaterstücken wie »XYZ« und »Der Kreidekreis« Erfolge feierte. Letzteres schrieb Brecht, der ihn bewunderte, später in den »kaukasischen Kreidekreis« um. Alfred Kerr veröffentlichte erstmals 1913 Gedichte von Klabund, wofür er sich wegen Verbreitung »unsittlicher« Verse vor Gericht verantworten musste. Dank der Gutachten von Wedekind und Dehmel endete alles mit Freispruch. Der eigenwillige Alfred Henschke veröffentlichte unter vielen Pseudonymen, bevor er sich in »selbstparodistischer Laune« für Klabund entschied - eine Mischung aus Klabautermann und Vagabund. 1917 forderte er den deutschen Kaiser öffentlich zum Rücktritt auf. In einem offenen Brief 1925 in der Weltbühne legte er sich auch mit den »Herren vom Hakenkreuz« an. Sie konnten später nur noch seine Werke verbannen. Im August vor 75 Jahren starb Klabund. Bei der sommerlichen Verneigung vor dem expressiven Dichter auf dem Theaterschiff Helene erklingt dann auch manches Lied, das einst große Diseusen sangen oder er selbst, sich auf dem Klavier oder der Laute begleitend: »Mädchen in Lichterfelde Ost«, »Harfenjule« oder »Und ick baumle mit de Beene«. Bis Ende August, donnerstags, 20 Uhr, Theaterschiff Helene im Historischen Hafen, Märkisches Ufer, Mitte, Karten: 14/12 Euro, Tel.: 2138041
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