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Zu wenig Zeit für Betriebsratstätigkeit?
Mit dem Problem, dass für Betriebsratsarbeit immer keine Zeit da ist, um alle vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben wahrnehmen zu können, schlagen sich täglich viele Tausend Betriebsratsmitglieder herum. Das jedenfalls ist die Praxis. Von der Rechtslage her ist das jedoch überhaupt kein Problem. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), das die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen mittels Betriebsrat verbindlich regelt, schreibt dem Arbeitgeber vor: »Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist« (§ 37 Abs. 2).
Natürlich steckt der Teufel wieder im Detail »...wenn und soweit es ... erforderlich ist«. Und um diese Frage gibt es auch die meisten arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen. Die Rechtsprechung hat die Vorschrift des BetrVG so ausgelegt, dass grundsätzlich Betriebsratstätigkeit, die erforderlich ist, Vorrang hat vor der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Es ist der Arbeitgeber, der sich Gedanken machen muss, wie die Arbeit, die auf Grund der Mitgliedschaft bestimmter Arbeitnehmer im Betriebsrat funktionsbedingt manchmal liegen bleiben muss, trotzdem erledigt werden kann. Außerdem gilt der Grundsatz, dass die Mitglieder des Betriebsrats und dieser als Organ selbst bestimmen, welche erforderliche Tätigkeit wann und in welchem Zeitmaß (nach Abmeldung beim Vorgesetzten) erledigt wird. Unstreitig erforderlich sind z. B. Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Verhandlungen und Besprechungen und die Zeit der Vorbereitung darauf, Schriftverkehr, Schreiben von Protokollen und Belegschaftsinformationen, persönliche Vorbereitung auf Betriebsratssitzungen, Sprechstunden des Betriebsrats, Einholen von Rechtsauskünften usw.
Jeder Betriebsrat weiß selbst, dass es für ihn eigentlich Arbeit ohne Ende gibt, der Zeitdruck durch die Berufsausübung deren Erledigung aber nicht zulässt. So jedenfalls wird das oft gesehen, und darum nehmen viele Betriebsratsmitglieder z. B. schriftliche Arbeiten mit nach Hause in den Feierabend, während anderes auch mal unterbleibt.
Das BetrVG schreibt jedoch vor, dass Betriebsratstätigkeit grundsätzlich während der Arbeitszeit stattzufinden hat. Das gilt für den Betriebsrat als Organ wie für seine Mitglieder. Wird z.B. ein Betriebsratsmitglied von einem Arbeitnehmer, der ein Problem hat, angesprochen, so kann es selbst entscheiden, ob es sich der Sache (mit Anspruch auf Arbeitsbefreiung) sofort oder später annimmt.
Die gesicherte Rechtslage wird vom führenden BetrVG-Kommentar Fitting/Kaiser/Heither so beschrieben: »Entscheidend ist..., dass das entsprechende Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände die Arbeitsversäumnisse für erforderlich halten durfte, um den gestellten Aufgaben gerecht zu werden.«
Um den permanenten Zeitdruck von den Mitgliedern des Betriebsrats zu nehmen, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 27. Juni 1990 (Az. 7 ABR 43/89) entschieden: »Die Freistellungsverpflichtung des Arbeitgebers nach §37 Abs.2 BetrVG erschöpft sich nicht darin, den Betriebsratsmitgliedern die zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderliche freie Zeit zu gewähren. Auch bei der Zuteilung des Arbeitspensums muss der Arbeitgeber auf die Inanspruchnahme des Betriebsratsmitglieds durch Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit angemessen Rücksicht nehmen.«
Auch wenn in der betrieblichen Wirklichkeit die Durchsetzung des Vorrangs von Betriebsratstätigkeit gegenüber der Arbeitsverpflichtung überwiegend schwierig bleibt, ist es doch wichtig für jeden Betriebsrat, seine Rechtsposition zu ke...
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