Suche nach Identität

Die »Initiative Schwarze Menschen in Deutschland« kämpft gegen Stereotype

Sie sind eine Minderheit: schwarze Menschen in Deutschland. Diskriminierung und der Kampf um eine eigene Identität bestimmen ihren Alltag.

Ihre Mutter kommt aus Nigeria, ihr Vater aus Deutschland. Die Afrodeutsche Samantha Kaebe kennt Diskriminierung aus eigenem Erleben. Als die 18-jährige noch in der ersten Klasse war, erzählt sie, hätte ihr Lehrer sie als »fremd« und »anders« vor der ganzen Klasse bezeichnet. Außerdem werde sie ständig über ihre Herkunft ausgefragt, und selbst manche ihrer weißen Freunde verwenden sogar das Wort »Neger« in ihrer Gegenwart. Um gegen solche Stereotypen und rassistische Vorurteile zu kämpfen, gründete sich vor 18 Jahren die »Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD)«. Beim letzten Treffen Mitte August in Heidelberg kamen ungefähr 400 Leute. Drei Tage voller Workshops, Vorträge, Seminare und Filme. Im Mittelpunkt: Menschen mit afrikanischer Abstammung - ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Für Kaebe, die schon mehrmals bei den jährlichen Treffen dabei war, ist das Event sehr wichtig für die Förderung schwarzer Menschen in Deutschland. »Beim Treffen kann ich mit anderen Schwarzen über ihre Erfahrungen reden«, so die in Frankfurt geborene Afro-Deutsche. »Das ist wichtig, weil weiße Leute unsere Erfahrungen nicht immer verstehen können.« Der in Berlin geborene Joshua Kwesi Aikins, der dieses Jahr zum fünften Mal bei einem Bundestreffen der ISD dabei war, misst der Veranstaltung eine besondere Bedeutung bei, weil sie die Entwicklung einer afro-deutschen Identität unterstützte. Schwarze Deutsche seien oft vereinzelt, so der 23-jährige, und das führe zu einer Wahrnehmung der Gesellschaft ausschließlich durch die weiße Mehrheitsperspektive. Diese selektive Wahrnehmung sei problematisch, weil manche schwarze Deutsche daraus für sich selbst einen extremen Anpassungsdruck ableiteten, weil sie befürchten, sonst in der Gesellschaft außen vor zu bleiben. »Vereinzelung nimmt einem die Chance, die positive Vielfalt von schwarzer Kultur wahrzunehmen«, so der an der Freien Universität in Berlin studierende Politikwissenschaftler. In einem Vortrag zum Thema »Die Spuren der deutschen Kolonialisierung in Afrikas«, stellte Aikins fest, dass eine treffende Darstellung der schwarzen Identität und der deutschen Rolle darin eine neue ungeschönte Bewertung der Vergangenheit benötigte. Der Hererostein in Berlins Garnisonsfriedhof sei ein Beispiel für die Verschleierung der deutschen Kolonialvergangenheit. Mit ihm würden die am Völkermord in Deutsch-Südwest (heute Namibia) Beteiligten geehrt, während es in Berlin kein Denkmal gibt, das an die über 50000 von Deutschen ermordeten Hereros erinnert. Dass selbst negative Darstellungen von schwarzen Menschen eine wichtige Rolle für die Formung der afrodeutschen Identität spielen könnten, betonte Peggy Piesche. Die im thüringischen Arnstadt geborene wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Utrecht untersuchte die Darstellung von schwarzen Leuten in DDR-Filmen. Auch dort wären Spott und negative Stereotypen vorherrschend gewesen. Für Afrodeutsche sei es besonders wichtig, so Piesche, dass sie sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, um diese rassistischen Bilder ins Bewusstsein zu bringen und damit zu verhindern, dass Rassismus von den Betroffenen als unausweichliches Schicksal verinnerlicht wird. Darüber hinaus dürfe die Geschichte schwarzer Schauspieler in der DDR nicht verschwiegen werden. Das Bundestreffen der ISD leistete hierfür seinen Beitrag. Und auch ansonsten geht es voran. Der 31-jährige Koffi Stephane aus Côte dIvoire stellte anerkennend fest, dass die Afro-Deutschen etwas geschafft haben, was viele andere afrikanischen Gemeinschaften noch nicht erreicht haben: eine offizie...

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