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Von Dünen, Schiffen und Menschen
Auf der Landstraße 181 entlang der Nordsee von Varde nach Hanstholm
Die dänische Küstenstraße schlechthin - das ist die Landstraße 181, die im Westen der Nordseeküste folgt. Über insgesamt 175 Kilometer führt die Route durch eine raue, manchmal barsche Landschaft und zu Menschen, deren Leben von Meer und Wind bestimmt wird.
Der Kurs geht nach Westen, genauer nach Nordwesten. Vom kleinen Provinzstädtchen Varde, rund 90 km nördlich der deutsch-dänischen Grenze, führt er uns zunächst nach Norre-Nebel. Das Dorf ist Endstation der Schienenbusse der dänischen Westbahn. Die Gleise führen noch einige km weiter bis Nymindegab - doch wo die dänische Armee einst Panzer transportierte, frönen heute Schienenfans auf gemieteten Draisinen ihrem Hobby.
Gleich hinter Nymindegab beginnt das Urlaubsland Dänemark: Denn von der Dünenkuppe an verläuft die Straße durchs größte Feriengebiet des Königreichs - fast 500 Kilometer ohne Unterbrechung reicht der breite Sandstrand von der nahen Insel Romo bis nach Skagen ganz im Norden. Hinter den Dünen, nur einen Steinwurf vom Meer entfernt, liegen Tausende Ferienhäuser, die den Familien Jensen, Hansen oder Petersen gehören. Die meisten können von Urlaubsgästen gemietet werden.
Bevor die 181 die schmale Landzunge zwischen Nordsee und Ringkobing Fjord erreicht, lockt die Halbinsel »Tipperne« zu einem Abstecher. Hier, mitten im Fjord, liegt einer der wichtigsten dänischen Rastplätze für Zugvögel - ein Eldorado für Vogelfreunde. Der Fischerort Hvide Sande bildet die Mitte der Landzunge Holmsland Klit. Gleich hinter der Schleuse liegt rechter Hand das Haus der Fischerei, »Fiskeriets Hus«. Anschaulich erzählt das Museum vom Weg, den der Fisch vom Meer bis auf den Esstisch nimmt.
Wie gefährlich das Fischerleben sein kann, belegen zahlreiche historische Stätten entlang der 181. Zum Beispiel der Friedhof von Harboore, kurz vor Thyboron, wo die Landstraße den Limfjord erreicht. Grabstätten berichten vom Schicksal jener Fischer, die auf dem Meer blieben. Und von Schiffen, die mit Mann und Maus untergingen.
Unbarmherzig verfuhr die Nordsee mit der »St. George« und der »Defence«. Beide Kriegsschiffe gehörten zur britischen Flotte, die während der Napoleonischen Kriege Handelsschiffe durch dänische Gewässer begleiteten. Admiral und Mannschaft wähnten sich schon in Sicherheit, als sie am ersten Weihnachtstag des Jahres 1811 auf dem Heimweg über die Nordsee in einen orkanartigen Wintersturm gerieten. Der Wind trieb die Segler auf die Küste zu, wo beide vor Thorsminde - einem kleinen Fischerort rund sechs Kilometer südlich von Harboore - zerschellten. Dass nicht allen die Strandungen missfielen, belegen Geschichten, die sich die Küstenanwohner noch heute erzählen. Ein Priester beispielsweise soll Ende des 18. Jahrhunderts von der Kanzel gebetet haben: »Sollte ein Schiff stranden, was Gott verhüten möge, dann bitte hier in unserer Gemeinde!«
Gläubigkeit und Kirche spielten und spielen an der dänischen Westküste mit ihren harten Lebensbedingungen seit jeher eine große Rolle. Kann es da verwundern, dass sogar die größte Dorfkirche nördlich von Hamburg dort steht? Das Gotteshaus von Vestervig. Dass heute vor allem dänische Brautpaare hier eine kleine Gedenkpause einlegen, hat seinen Hintergrund in einer traditionellen Volksweise: Liden Kirsten, die Schwester von König Valdemar dem Großen, der Dänemark Ende des 12. Jahrhunderts regierte, verliebte sich der Legende nach in Prinz Buris, den Schwager Valdemars. Als der König hörte, dass Liden Kirsten ein Kind erwartete, geriet er außer sich vor Zorn und fand einen quälerischen Tod für seine Schwester: Er tanzte solange mit ihr, bis sie starb. Liden Kirsten ruht zusammen mit Prinz Buris unter einem lang gestreckten Grabstein in Vestervig. Buris lebte zwölf Jahre länger als seine Geliebte - mit ausgestochenen Augen und angekettet an den Kirchturm von Vestervig. Jede Braut, die in der Vestervig-Kirche getraut wird, legt nach der feierlichen Zeremonie ein Blumenbukett auf dem Grab der im Tode Vereinten ab.
Die letzten Kilometer bis zum Reiseziel Hanstholm führt die Landstraße 181 durch das sehenswerte Dünen- und Heidegelände »Hanstholm Naturreservat«. Dem völlig unberührten Gebiet dürfen sich Neugierige nur via 181 nähern. Übrigens folgt die Straße hier der so genannten Margeriten-Route: Diese dänische Route führt über insgesamt 3500 km kreuz und quer durchs Königreich. Kleine braune Schilder mit Dänemarks Nationalblume, der Margerite, weisen den Weg.
In Hanstholm endet die Fahrt auf der Landstraße 181. Vom Leuchtturm schweift der Blick scheinbar endlos über Land und Meer. Ein gut gemachtes Bunkermuseum informiert über den Atlantikwall aus dem Zweiten Weltkrieg.
Dicht an der Nordsee steht ein einzigartiges dänisches Haus, das mit Abertausenden von Schnecken und Muscheln dekoriert ist, und das ein Mann im Laufe einen langen Lebens baute - das Schneckenhaus von Thyboron . Natürlich liegt es am Sneglevej (Schneckenweg) im südwestlichen Stadtteil des kleinen nordjütländischen Fischerörtchens.
Ein neues Natur-Erlebniszentrum an der dänischen Nordseeküste in Thyboron vermittelt viel Wissenswertes über den Einfluss von Wind auf den Menschen, auf Flora und Fauna sowie auf die Entstehung der in Europa einzigar...
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