Sisyphosarbeit für Frieden

Zum dritten Mal Preisträger aus dem Nahen Osten

  • Michael Klarmann, Aachen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die israelischen Friedensaktivisten Reuven Moskovitz und Nabila Espanioly sind am Montag mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden. Außerdem wurde die Initiative Ordensleute für den Frieden (IOF) geehrt.
Gerhard Diefenbach, Vorsitzender des Aachener Friedenspreises, begründete die diesjährige Verleihung der gleichnamigen mit 2000 Euro dotierten Auszeichnung damit, dass Moskovitz und Espanioly als Hoffnungsträger für einen Frieden zwischen Juden und Palästinensern wirken. Die Initiative Ordensleute für den Frieden (IOF) setze mit ihrem Engagement Zeichen gegen das »menschenverachtende, kapitalistische Wirtschaftssystem der reichen Staaten«. »Die Beharrlichkeit, mit der sie bei ihrem Engagement bleiben, trotz des Sisyphos-Charakters ihrer Bemühungen, trotz der scheinbaren Vergeblichkeit«, all dies kennzeichnet laut Andreas Zumach die Preisträger. Der Genfer Journalist hob in seiner Laudatio zudem hervor, im »schwierigsten aller regionalen Konflikte dieser Erde« würden Moskovitz und Espanioly stellvertretend »als Botschafter und Vertreter all der Heldinnen und Helden« Israels, »die ihre Feinde zu Freunden gemacht haben«, geehrt. Für die IOF nahmen Schwester Angela Kruppa, Franziskanerin aus Zell bei Würzburg, und Bruder Markus Fuhrmann, Franziskaner aus Köln, die Auszeichnung entgegen. Die IOF zeichne unter anderem aus, so Zumach, dass sie sich nicht scheuten, ihre Mahnwachen und Blockadeaktionen »direkt am Ort des Unheils« abzuhalten. Gegründet wurde sie vor 20 Jahren bei Protesten gegen den NATO-Doppelbeschluss zur Pershing-2-Stationierung. Sie protestiert seitdem, so Bruder Fuhrmann, »gewaltfrei, aber störend« mit Friedenswallfahrten, Mahnwachen oder Blockaden vor Kasernen und Bank-Filialen. Die Mitglieder der IOF, die aus katholischen und evangelischen Christen sowie Nichtchristen besteht, nahmen bereits Haftstrafen in Kauf. Sie weigerten sich, gegen sie wegen ihrer Aktionen verhängte Geldstrafen zu zahlen. Die Ordensschwester betonte in ihrer Dankesrede, man betrachte die Auszeichnung als Ermutigung, sich weiterhin gegen ein »Wirtschaftssystem« zu engagieren, das »über Leichen« gehe. Nicht der Profit, sondern der Mensch müsse wieder im Mittelpunkt stehen. Harsche Kritik an der Militärpolitik Israels äußerten Reuven Moskovitz und Nabila Espanioly in ihrer Dankesrede. Espanioly erinnerte indes daran, dass »die Stimme der Vernunft« auch bei den Palästinensern »gestärkt werden« müsse. Auch die 48-jährige Palästinenserin mit israelischem Pass und der 74-jährige Israeli betonten, sie sähen sich nur als stellvertretende Preisträger »für viele Menschen und Gruppen in Israel«, die sich für Frieden einsetzten. Moskovitz warf hingegen der israelischen Regierung vor, sie habe »mit ihrer kollektiven Vertreibungs- und Bestrafungspolitik das Leben des palästinensischen Volkes in eine unerträgliche Hölle verwandelt«. Die Gewalttaten palästinensischer Jugendlicher und Fanatiker seien nicht zu rechtfertigen, aber aus der Empörung und Hoffnungslosigkeit heraus zu verstehen, sagte der Historiker. Moskovitz ist Überlebender des Holocaust und Mitbegründer zahlreicher Friedensinitiativen in Israel und Deutschland. Er war 1972 an der Gründung eines Friedensdorfes beteiligt, wo Juden und Palästinenser gleichberechtigt und zweisprachig zusammenleben. Espanioly lebt in Nazareth und gründete verschiedene jüdisch-arabische Frauen- und Friedensinitiativen. Die Psychologin engagiert sich in der Frauen- und Familienpolitik und gründete Hilfseinrichtungen in den besetzten Gebieten. Seit 15 Jahren ehrt der Aachener Friedenspreis e.V. traditionell am Antikriegstag Menschen oder Gruppen, die von »unten her« zur Völkerverständigung beitragen. Der Nahost-Konflikt wirkte sich bislang drei Mal auf die Auswahl der Preisträger aus. 1991 wurden die von Espanioly mitgegründeten »Woman in Black« aus Haifa geehrt, 1997 die israelische Gruppe »Gush Shalom« um Uri Avnery. Zum Rahmenprogramm der diesjährigen Preisverleihung gehörte, dass die Preisträger und der Friedenspreis-Verein am Dienstag eine Mahnwache vor dem örtlichen Sitz der Deutschen Bank abhielten.
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