Schwarzbraun ist das Studentenleben

Neonazis umwerben studentische Verbindungen - und haben Erfolg damit

  • Martin Höxtermann
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Schon seit längerem umwerben Neonazis die ultrarechten Burschenschaften, um politischen Einfluss auf den akademischen Nachwuchs zu gewinnen - und können mit dieser Strategie Erfolge verbuchen. Jüngstes Beispiel ist die Münchner »Danubia«. Dass ein polizeilich gesuchter Skinhead-Schläger nach einem brutalen Überfall auf einen Griechen in den Räumen der Burschenschaft versteckt wurde, hat für Aufsehen gesorgt. Gleichzeitig wurde bekannt, dass NPD-Funktionär Horst Mahler ebenso wie der Cheftheoretiker des rechtsradikalen »Deutschen Kollegs«, Reinhold Oberlecher, als Referenten bei den Danuben geladen waren. Keine Einzelfälle. So berichten die Landesämter für Verfassungsschutz in aktuellen Stellungnahmen von verstärkten Bemühungen der Neonazis, bei den strammen Männerzirkeln Fuß zu fassen. Weil der NPD das Parteiverbot drohe, suche sie nach neuen Strukturen und Kontakten zu den »Alten Herren«, erklärte der Pressesprecher des Bayrischen Landesamtes für Verfassungsschutzes, Robert Bihler. Auch Bayerns Innenminister Beckstein warnt vor einer braunen Unterwanderung der national-konservativen Bünde. Der nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz vermeldet ebenfalls, dass »einzelne Burschenschafter Mitglieder in rechtsextremistischen Organisationen« seien. Auch beim Stuttgarter Landesamt ist man hellhörig geworden. Es sei auffällig, dass diverse Burschenschaften in der Monatszeitschrift »Nation & Europa«, dem bedeutendsten Theorieorgan der Rechtsextremisten, Inserate schalten und gezielt um Bundesbrüder würben, sagte der stellvertretende Amtsleiter Hans-Jürgen Doll. Das ultrarechte Blatt schüre unter der Rubrik »Aktuelles aus Multikultopia« fremdenfeindliche Ressentiments, veröffentliche regelmäßig antisemitische Beiträge und fordere die Bündelung aller rechtsextremistischen Kräfte. Inserenten waren unter anderem die Hamburger Burschenschaften »Germania« und »Hansea-Alemannia«, »Elektra Teplitz« aus München, »Frankonia« aus Erlangen, »Dresdenisa-Rugia« aus Gießen, Normannia zu Jena, die Berliner Burschenschaft »Gothia« sowie die »Rheinfranken« aus Marburg. Letztgenannte veranstaltete erst Anfang April einen Burschentag mit 500 Teilnehmern, bei der alle drei Strophen des Deutschlandliedes geschmettert wurden. Marburgs Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) hatte sich im Vorfeld vergeblich geweigert, die Stadthalle zur Verfügung zu stellen, unterlag jedoch vor Gericht. Auch in Heidelberg sind rechtslastige Studenten-Verbindungen umtriebig. So wurde die »Normannia« durch die Aktivitäten ihres Mitglieds Wolfgang Unold bekannt, der bei der Gemeinderatswahl für die Reps kandidierte. 1995 fand die Polizei bei einer Hausdurchsuchung der »Europaburschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg« (EBA) nicht nur Fahnen, Literatur, Videos und Liederbücher von NSDAP, SS und Hitlerjugend, auch führende Köpfe der militanten Neonazi-Szene, wie der FAP-Vorsitzende Friedhelm Busse, waren zugegen. Nach Informationen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg bestehen die Kontakte zur rechtsradikalen Szene weiter. So soll die »Normannia« erst im Januar diesen Jahres ein Treffen in einer Heidelberger Kneipe veranstaltet haben, zu dem auch das »Nationale Infotelefon Karlsruhe« eingeladen hat, an dem Mitglieder der »Karlsruher Kameradschaft« teilgenommen haben sollen. Im vergangenen Jahr habe EBA antisemitische Flugblätter gegen das »jüdische Finanzkapital« in der Heidelberger Innenstadt verteilt. »Wegen der programmatischen Gemeinsamkeiten sind Burschenschaften ein ideales Rekrutierungsfeld für Neonazis«, glaubt auch Christian Schneijderberg vom Freiburger u-Asta. Inzwischen gehen weniger rechtsorientierte Verbindungen auf Distanz zu den braungefärbten Bundesbrüdern. Der »Schwarzburgbund«, ein Dachverband von christlich orientierten nichtschlagenden Studentenverbindungen, verurteilt in einer Pressemitteilung ausdrücklich das »strafwürdige rechtsextreme Verhalten« von Bünden wie der »Danubia« München und fordert deren Selbstauflösung. Bereits 1996 hat sich aus Protest gegen den strammen Rechtskurs des Dachverbands »Deutsche Burschenschaft« (DB) der Verband »Neue Deutsche Burschenschaft« gegründet, dem bundesweit mittlerweile 26 Verbindungen angehören. Unter anderem auch die »Franconia« in Freiburg. »Wir distanzieren uns von den Vorgängen in München und finden sie empörend«, erklärt man dort. Beim DB hingegen ist man trotz der massiven Kritik wenig einsichtig, spielt die Vorfälle scheinheilig herunter und betreibt Medienschelte. »Wir sind absolut kein Hort der Rechtsextremen. Uns schockiert der Rufmord an unserer gesamten Gemeinschaft«, heißt es in einer Stellungnahme der »Danubi...

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