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Kleingarten oder Datsche - ein BGH-Urteil
Bodeneigentümer - ob private oder kommunale - bemühen sich, so viel Nutzungsentgelt wie möglich aus ihren Grundstücken herauszuholen. Darum wird seit geraumer Zeit versucht, Kleingärten in entsprechenden Anlagen in Wochenendgrundstücke »umzuwidmen«. Damit würden sie nicht mehr dem Bundeskleingartengesetz, sondern dem Schuldrechtsanpassungsgesetz oder, sind sie mit Wohngebäuden bebaut, dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz unterliegen. Und damit wird nicht nur Pacht für das Grundstück, sondern auch ein Wohnlaubenentgelt erhoben. Längst beschäftigen sich die Gerichte mit diesem Themenkreis. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 24. Juli 2003 in einem solchen Fall entschieden (Az. III ZR 203/02), worüber der Berliner Rechtsanwalt Jürgen Naumann den Ratgeber informierte.
Der Tatbestand: Eine Frau hatte 1986 mit dem Kreisverband P. des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) einen Kleingartennutzungsvertrag über eine Parzelle abgeschlossen. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude. Nach der Wende hatte sich der VKSK-Kreisverband aufgelöst. Eigentümer des Pachtgeländes ist das Land Berlin, das in die zwischen den Pächtern und dem VKSK-Kreisverband abgeschlossenen Verträge eintrat. 1999 wurde die Baulichkeit der Frau als Eigenheim nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz eingestuft.Nun verlangt das Land (der Kläger) von der Beklagten die Zahlung von Wohnlaubenentgelt und anteilige Erstattung von öffentlich-rechtlichen Lasten für die Jahre 1995 und 1996. Sowohl Amtsgericht als auch Landesgericht haben dem stattgegeben. Revision war zugelassen. Der BGH hat nun die Sache auch wegen Rechtsfehlern an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der BGH betonte: Maßgebend dafür, ob ein Nutzungsverhältnis dem Bundeskleingartengesetz oder dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterliegt, sei »die bei Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 tatsächlich ausgeübte Art der Nutzung«. Die Prüfung dieser Tatsache sei unentbehrlich. Zudem bestimmte der BGH, dass die Nutzungsart vom Charakter der gesamten Anlage und nicht von der einzelnen Parzelle abzuleiten ist. Das gelte in den Fällen, in denen der Nutzer nicht mit dem Grundstückseigentümer, sondern mit einem Hauptnutzer, so dem VKSK, einen Vertrag geschlossen hatte. Daraus folgt: Immer dann, wenn zu DDR-Zeiten die Nutzung von Grundstücken im VKSK erfolgte, gelten für alle innerhalb einer Anlage befindlichen Parzellen dieselben Pachtvorschriften, egal mit wem die VKSK-Hauptnutzungsverträge nach der Wende fortgeführt wurden.
Was die Baulichkeiten auf Kleingartenparzellen angeht, so rügt der BGH die Beschlüsse des Berufungsgerichts. Bei der Einstufung einer Kleingartenanlage nach Bundeskleingartengesetz dürfe nicht nur die überwiegend kleingärtnerische Nutzung eine Rolle spielen. Vielmehr seien die vorhandenen Baulichkeiten sowie Art und Umfang ihrer Nutzung zu berücksichtigen.
Er stellt sich hinter die allgemein in den alten Bundesländern herrschende und in Gesetzesform gegossene Ansicht, dass ein »zur Deckung des Wohnbedarfs einer Familie geeignetes Eigenheim im Sinne des DDR-Rechts bzw. des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes... innerhalb einer Kleingartenanlage einen Fremdkörper darstellt«, vor allem, wenn diese Gebäude gehäuft auftreten. Daran ändere auch die Übergangsvorschrift des § 20a Bundeskleingartengesetz nichts. Dem Berufungsgericht wird die Auflage erteilt, Beschaffenheit und Nutzungsart der in der Anlage am 3. Oktober 1990 vorhandenen Baulichkeiten festzustellen.
Der BGH kommt auch zu dem Schluss, dass die Anlage schon deshalb nicht mehr als Kleingartenanlage angesehen werden kann, weil sich auf mehr als 50 Prozent der Parzellen massive Bauwerke befinden bzw. sich schon am 3. Oktober 1990 befunden haben, die ganzjährig oder mehr als sechs Monate jährlich bewohnt werden. Es würden auch keine Bedenken bestehen, dem Nutzer einer solchen Parzelle Wohnlaubenentgelt aufzuerlegen.
Verallgemeinernd stellt der BGH fest:
Sind in einer Anlage nicht nur vereinzelt, sondern gehäuft Eigenheime im Sinne des DDR-Rechts bzw. des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes anzutreffen, so kann dies den Gesamtcharakter der Anlage so stark beeinflussen, dass die ansonsten auf den Parzellen noch festzustellende kleingärtnerische Nutzung nicht mehr anlageprägend ist. Sind mehr als die Hälfte der Parzellen mit Eigenheimen oder ähnlichem bebaut, kann die Gesamtanlage nicht mehr als Kleingartenanlage angesehen werden. Auch dieses Urteil wird die Debatte um den Bestandsschutz der Kleingartenanlagen in den neuen Bu...
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