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Keine »Crack-Welle« in Deutschland
Bundesregierung stellte erste wissenschaftliche Studie über den Konsum des rauchbaren Kokains vor
Der Konsum von Kokain nimmt seit Anfang der 90er Jahre in ganz Europa zu. In Deutschland haben etwa 2,5 Prozent aller Erwachsener Erfahrungen mit der Droge gesammelt; 1,5 Prozent von ihnen konsumieren Kokain aktuell - in der Altersgruppe der 18 bis 34-jährigen sogar vier Prozent. Rauchbares Kokain, Crack genannt, wird von etwa 700 bis 1200 Süchtigen, vor allem in Frankfurt und Hamburg, konsumiert.
Besorgt über die Entwicklung des Crack-Konsums zeigt sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), in der vorigen Woche bei der Vorstellung einer von Dr. Heino Stöver von der Universität Bremen erstellten Studie über dieses Segment der Drogenszene. Rauchbares Kokain entfaltet schneller als herkömmliches Kokain seine Wirkung, es gilt heute aufgrund seines hohen Suchtpotenzials als die gefährlichste Droge auf dem Markt. Die Studie geht von 700 bis 1200 Crack-Konsumenten in Deutschland aus. Im Vergleich zu der hundert Mal größeren Anzahl von Heroin- und Opiatabhängigen handele es sich aber noch um ein »relativ geringfügiges Problem«, so Caspers-Merk weiter. Eine Szene habe sich in den letzten fünf Jahren lediglich in Hamburg und Frankfurt am Main etabliert. In anderen deutschen Großstädten wie Berlin, München oder Köln gebe es keine auffälligen »Crack-Szenen«; man könne von keiner »Crack-Welle« wie in den USA sprechen. In den betroffenen Metropolen wurde keine nennenswerte Ausdehnung in angrenzende Städte oder Gemeinden beobachtet. Crack hat besonders in der Gruppe bereits bekannter Drogenabhängiger Einzug gehalten. Es handelt sich oft um ältere Konsumenten. Als Hauptdroge wird rauchbares Kokain nur von einem kleinen Teil der Drogenkonsumenten genannt. »Es gibt eine Gruppe langjähriger Opiatkonsumenten, die psychisch und sozial verelendet sind«, sagte die SPD-Politikerin. Ein Teil dieser Menschen rauche Crack zusätzlich zu Heroin oder dem Heroin-Ersatzstoff Methadon. Die wissenschaftliche Studie der Universität Bremen über das Crack-Rauchen in Deutschland habe neben der Verelendung bei den betroffenen Konsumenten aber auch ein hohes Aggressionspotenzial festgestellt. Crack-Konsumenten zeichnen sich durch Aggressivität, exzessive Konsummuster, Hektik, Ungeduld, Paranoia und starke innere Unruhe bis hin zu psychotischen Zuständen aus. Heroin werde eingesetzt, um sich »runterzubringen« und den täglichen Opiathunger zu stillen, Crack hingegen für den intensiven »Kick«. Die Gruppe der Crack-Konsumenten sei schwierig zu erreichen, weil es keine klassischen Szenen dieser Konsumenten gebe. Um die weitere Verbreitung zu verhindern, sprach sich Caspers-Merk dafür aus, nach dem Vorbild der USA niedrigschwellige Angebote für Süchtige anzubieten. Seit 1997 arbeite ein solches Hilfsprojekt bereits in Frankfurt am Main - derzeit werden dort 40 bis 50 Betroffene betreut. Auch in Hamburg versuche man es mit solchen Angeboten. Gefährlich sei die verbreitete Ansicht, dass »Steine rauchen« weniger gefährlich sei als intravenöser Drogenkonsum. Dies sei ein fataler Irrtum. Er werde noch dadurch begünstigt, dass lebensbedrohliche Folgeerscheinungen damit nicht in Verbindung gebracht werden und das in der Alltagspraxis weit tolerierte »Rauchen« eine Bagatellisierung unterstützt. Eine spezielle Aufklärung, so Caspers-Merk, sei notwendig, denn Crack-Rauchen werde oft irrtümlich als »weicher« Drogenkonsum wie etwa das Marihuana-Rauchen eingeschätzt. Die Studie zum Konsum in Deutschland geht davon aus, dass sich im Gefolge des sich ausbreitenden Kokainkonsums auch der Crack-Markt weiter ausdehnen wird. Produktion und Verkauf dieser D...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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