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  • Brandenburg
  • Prof. Klaus Hansen, Ostmitglied der Hochschulstrukturkommission, legt alle Ämter nieder

Protest gegen Berufungspolitik des Senats

  • Lesedauer: 2 Min.

(ND). Bereits vor einigen Tagen hatte Prof. Dr. Klaus Hansen sein Amt als Dekan der Philologischen Fakultät der Humboldt-Universität niedergelegt. Am gestrigen Dienstag erklärte er auf der Tagung des Akademischen Senats, er sei auch aus dem Fachbereichsrat des FB Fremdsprachen / Philologien ausgeschieden und werde noch weitere Ämter niederlegen: „Ich frage mich auch, was ich in diesem Akademischen Senat noch soll.“ Letzter Anlaß für diesen Schritt seien die unerträglichen Eingriffe der Senatsverwaltung in Berufungsverfahren.

Klaus Hansen, ein exzellenter anglistischer Sprachwissenschaftler, gehörte an her-

vorragender Stelle zu den Hochschullehrern der Humboldt-Universität, ? die unmittelbar nach der Wende selbstbestimmte Erneuerung der Humboldt-Universität nicht nur anstrebten, sondern zielstrebig, aufrecht und selbstbewußt zu verwirklichen suchten. „Ich habe in den zurückliegenden drei Jahren bis an meine physischen und psychischen Grenzen für die Erneuerung dieser Universität gearbeitet. Das Ergebnis ist deprimierend.“

Professor Hansen, einziges Ostmitglied der Landeshochschulstrukturkommission, sieht heute die großen Chancen für die Hochschulpolitik, die sich nach der Wende ergeben hatten, als vertan.

Der konkrete Anlaß für seinen Schritt - die Nichtberufung eines erstplazierten anglistischen Hausbewerbers durch den Senator - sei nur der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht habe, zumal er dies auch als Urteil über sich selbst, seine fachliche Kompetenz, empfinde.

Der juristische Einwand, bei der Berufung von Professoren sei der Senator souverän, greift wohl hier zu kurz. Die Humboldt-Universität ist, wie kaum eine andere Universität in den neuen Bundesländern, Prüfstein dafür, ob fachliche Kompetenz und politisch-moralische Integrität östlicher Provenienz berufungsfähig sind. Der Vergleich mit der Berufungspolitik der

alten Bundesländer ist fehl am Platze, die Verhältnisse sind nicht vergleichbar. Eine Hochschulpolitik, die einen Menschen wie Klaus Hansen zum Rückzug treibt, muß sich als verfehlt betrachten.

Es geht hier nicht nur um die Tragik eines Mannes, der 1990 aufbrach, Neues zu gestalten, nun rückblickend eine „Kette von Demütigungen und Entmündigungen“ sieht und nicht mehr „Marionette in einem Abstimmspiel“ sein will. Es geht darüber hinaus um eine Hochschulpolitik, die in den altbundesdeutschen starren Strukturen und Riten verharrt und diese nunmehr mit gemischtem Filz zu konservieren versucht.

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