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Öffnungsklauseln auf dem Bau
Arbeitgeber loben neue Regelungen
Das Baugewerbe ist die erste Branche, deren Tarifvertrag Öffnungsklauseln für Betriebe auch ohne Notlage vorsieht.
Für den Bauindustrie-Hauptverband sind die in der vergangenen Woche vereinbarten Öffnungsklauseln »ein Stück Tarifgeschichte«. Zukünftig kann in den westlichen Bundesländern - im Osten gibt es kein 13. Monatsgehalt - betrieblich das Weihnachtsgeld gekürzt werden, ohne dass eine besondere Notlage der Firma festgestellt wurde. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz haben tarifliche Regelungen Vorrang vor betrieblichen Vereinbarungen. Tariflöhne dürfen betrieblich nur dann gekürzt werden, wenn ein Tarifvertrag diese Regelung ausdrücklich zulässt. Dieser Tarifvorrang soll sicherstellen, dass die Mindestbedingungen in allen Betrieben einer Branche gleichermaßen gelten. Trotz dieser klaren Gesetzeslage sind die Gewerkschaften derzeit unter Druck: So hat Kanzler Schröder im Rahmen der Agenda 2010 - ähnlich wie Union und FDP - gedroht, den Tarifvorrang einzuschränken, wenn die Tarifparteien nicht zu »flexiblen Lösungen« bereit sind. Bisher herrschte im DGB Konsens, Öffnungsklauseln zur Senkung von Löhnen als Einzelfälle zu behandeln und wie in der Metall- oder Chemiebranche an eine wirtschaftliche Notlage zu knüpfen. Die jetzige Regelung ist aus Sicht des Zentralverbandes des Baugewerbes »tarifpolitisches Neuland«. Betriebsräte könnten jetzt jederzeit unter Druck gesetzt werden, Vereinbarungen zum Lohnverzicht zu treffen. Der Betriebsrat ist gesetzlich zur »vertrauensvollen Zusammenarbeit« mit dem Unternehmer verpflichtet und darf nicht zu Streiks aufrufen, was die Verhandlungsposition schwächt. Gelingt die Lohnkürzung in einem Betrieb, kann in anderen Betrieben der Branche mit dem Argument der »gesenkten Lohnkosten« beim Konkurrenzunternehmen eine Weihnachtsgeldkürzung gefordert werden. Der IG BAU-Vorsitzende Klaus Wiesehügel betonte, nur über eine freiwillige Betriebsvereinbarung könne vom Weihnachtsgeld in Höhe von rund 55 Prozent eines Monatseinkommens abgewichen werden. »Wir sichern den Beschäftigten den vollen tariflichen Anspruch und gestalten die Mindestarbeitsbedingungen in Wahrnehmung unserer Tarifautonomie«, beteuerte Wiesehügel. Betriebsrat und Beschäftigte hätten zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. »Eine Einmischung der Politik im Sinne der von Union und FDP diskutierten Abschaffung der Tarifautonomie lehnen wir ab.« Kritiker sehen in der Bau-Vereinbarung erste Hinweise dafür, dass die Gewerkschaftsvorstände in Verhandlungen mit Arbeitgebern offensichtlich zu Zugeständnissen bereit seien, um gesetzliche Änderungen zu verhindern. Statt einer offensiven Gegenwehr gegen Sozialabbau würden sie auf diskrete Gespräche mit der Bundesregierung und mit Unternehmerverbänden setzen. Ob sich die freiwilligen Regelungen, wie jetzt im Baubereich, von denen unterscheiden, die durch gesetzliche Einschränkungen möglich...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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