Ex-Pastor Geyer starb an Krebsfolgen
Der frühere evangelische Pastor Klaus Geyer aus Beienrode in Niedersachsen ist ein Jahr nach seiner vorzeitigen Haftentlassung 63-jährig an den Folgen einer Krebskrankheit gestorben. Das wurde gestern in Kirchenkreisen bekannt. Geyers Rechtsanwalt Bertram Börner bestätigte den Tod.
Geyer ging in die deutsche Kriminalgeschichte als erster Pastor ein, der wegen eines Tötungsdeliktes verurteilt wurde. Vor fünf Jahren war der Geistliche vom Braunschweiger Landgericht in einem Aufsehen erregenden Indizienprozess schuldig gesprochen worden, im April 1997 seine Frau erschlagen zu haben. Dabei gingen Richter von einem Ehestreit um die Geliebten Klaus Geyers aus. Zeugen gaben an, Geyer in Tatortnähe gesehen zu haben. Der von der Kirche in einem Disziplinarverfahren aus dem Dienst entfernte Pastor hatte für die Tatzeit kein Alibi. Er wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Nachdem er zwei Drittel seiner Strafe verbüßt hatte, wurde er im November 2002 aus der Haft entlassen. Zuvor hatte der damalige niedersächsische Justizminister Christian Pfeiffer (SPD) ein Gnadengesuch Geyers abgelehnt.
Geyer beteuerte bis zuletzt seine Unschuld. Als »vermeintlicher Täter« sei er verurteilt und »in die Gefängnisse verschleppt« worden. Wörtlich schrieb Geyer kurz vor dem Ende seiner Haftzeit: »Einen Rückblick und eine Bilanz dieser entwürdigenden, aber in allem doch auch gesegneten Zeit aufzuschreiben - dafür ist es jetzt noch zu früh, aber ich hoffe, ich komme dazu noch einmal, wenn ich erst wieder in Freiheit bin.« Dem »Spiegel« sagte er, er fühle sich von ehemaligen Weggefährten aus Kirche und Theologie ungerecht behandelt. »Dort passiert beinahe so etwas wie im Stalinismus. Die Bilder werden abgehängt. Du bist aus der Geschichte raus, es gibt das große Verschweigen, und man wird Unperson.«
Geyer stammte aus einer bürgerlichen Familie. Während des Studiums heiratete er die Tochter des renommierten Theologen Hans Iwand, Veronika. Drei Söhne und eine Adoptivtochter aus Rumänien komplettierten die Familie. In Beienrode bekam Geyer eine Pfarrstelle. Dort hatte sein Schwiegervater eine Stiftung mit einem Alters- sowie einem Tagungsheim gegründet. Anfang der 90er Jahre gewann Geyer in Kirchenkreisen und der Friedensbewegung Ansehen durch den Vorsitz bei der »Aktion Sühnezeichen«, die sich um die Aussöhnung mit Israel und Osteuropa verdient gemacht hat. Doch nach Querelen legte er den Vorsitz nieder. Nach zwei kleineren Diebstählen, u.a. von CDs, war Geyer der Karriereweg innerhalb der Kirche versperrt.
Im Oktober 2002 strahlte »Arte« den Spielfilm »Mord im Haus des Herrn« aus, der auf dem Fall Geyer beruht. Die Co-Autorin des Fernsehfilms, die NDR-Journalistin Nicola von Hollander, hatte Geyer im Gefängnis interviewt. 1999 war der Fall bereits Ausgangspunkt für ein Theaterstück auf der Werkstattbühne des Staatstheaters Braunschweig. Der Journalist und Schriftsteller Hellmuth Karasek widmete einige Seiten seines Romans »Betrug« der »Doppelmoral« Geyers. In Karaseks Roman lehnt das Fernsehen ein Drehbuch über den Fall ab, weil es sich bei dem um »einen schrecklich bizarren Einzelfall« handele, der »einen falschen Akzent gegen d...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.