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  • Brandenburg
  • Gutachten zum Thälmannpark fertig - Architekten für sensiblen Umgang mit dem Denkmal

Vom Sockel geholt, aber nicht entsorgt

  • Lesedauer: 3 Min.

Thälmann versteckt im Wald, vom Sockel geholt oder ganz weg - das sind Varianten für die Zukunft des Kolossal-Denkmals, die in einem Gutachten zur Umgestaltung des Ernst-Thälmann-Parks enthalten sind. Die Landschaftsarchitekten Birgitte Fink aus Dänemark und ihr Charlottenburger Partner Guido Szamatolski haben es jetzt im Auftrag des Bezirksamtes Prenzlauer Berg fertiggestellt. Aus dem Parkraum zwischen Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße soll das „Filetstück innerhalb eines Bezirke verbindenden Grünzuges“ werden, beschreibt Szamatolski die Aufgabe und versteht die ganze Aufregung nicht, die schon in der Entwurfsdiskussion ihr Umgang mit dem Denkmal ausgelöst hatte. Bezirkspolitiker kritisierten, daß sich das Architektenduo nicht an den Abrißbeschluß der Bezirksverordnetenversammlung (BW) gehalten habe. „Unser Auf trag lautete, über den Denkmalstandort nachzudenken, und das haben wir getan“, widerspricht Szamatolski. „Wir haben versucht, sensibel mit ihm

umzugehen, ihn zu verf ormen, ohne den Fehler zu begehen, das Vergangene zu beseitigen nach dem Motto, was nicht da ist, ist auch nicht gewesen.“

Herausgekommen sind verschiedene Varianten, von denen zwei das Denkmal entsorgen, aber den Sockel als „historische Narbe“ erhalten. Ansonsten verschwindet die 13 Meter hohe Bronze hinter einem Baumriegel, in einem Wald oder einem „Schneckenlabyrinth“ aus Pyramidenpappeln, an dessen Ende der Arbeiterführer dann thront, aber ohne Sockel. Szamatolski favorisiert die Labyrinthversion. Er könnte sich vorstellen, daß hier ein historischer Lehrpfad entsteht, wo Künstler Vergangenheit hinterfragen und ihre Arbeiten zu diesem Thema präsentieren.

Mit diesem sicherlich intelligenteren Umgang mit Geschichte, als er noch beim Lenindenkmal demonstriert wurde, sieht Szamatolski in jedem Falle auch die Vorgaben der BW erfüllt, wenn auch nicht unbedingt wortwörtlich. Das Denkmal werde von der Greifswalder Straße

aus jedenfalls nicht mehr zu sehen sein. Bisher sei die ganze Diskussion auch völlig falsch gelaufen. „Alles wurde auf das Denkmal zugespitzt, dessen Fläche aber nur ein Mosaik in unserem Parkkonzept ist. Nur wer das kennt, kann sich auch ein Urteil über unseren Umgang mit Thälmann erlauben.“

Über den Thälmannpark soll sich künftig ein lockerer Laubwald ausbreiten, auf dessen Lichtungen sich allerlei abspielen kann: an Festwiese, Spiel- und Grillplätze, Wasserspiele und Planschbecken ist gedacht. Rosen- und Staudengarten wird es im gemütlicheren Teil geben. Teich und Spielplatz, der jetzt wegen der Bodenbelastung gesperrt ist, bleiben erhalten. Die Eingänge zum Park sollen attraktiver gestaltet und sowohl durch Schmuckelemente als auch Pavillons markiert werden. Die sind als Cafe 1 , Eisdiele oder Boutique auch entlang der Greifswalder Straße geplant, verbunden durch einen transparenten Zaun aus Hecken und Pflanzen. Eine bauliche Verdichtung ist nur

an der Ecke Dimitroffstra-ße/ Prenzlauer Allee geplant, wo eine Baulücke geschlossen werden soll.

Angesichts der Größe des Areals und der knappen Kassen sehen die Landschaftsarchitekten eine stufenweise Umsetzung ihres Konzepts vor. Im Grünflächenamt des Bezirks glaubt man, daß 20 Jahre bis zu seiner endgültigen Realisierung vergehen werden. Zunächst muß die Sanierung der Altlasten begonnen werden. Im September abgeschlossene Untersuchungen hatten besonders im Bereich des Spielplatzes und der Liegewiese Verunreinigungen ergeben. Experten rechnen mit Entsorgungskosten von 50 Millionen Mark.

Über das Parkgutachten wird voraussichtlich kommende Woche das Bezirksamt und danach die BW beraten. Im Januar soll es öffentlich vorgestellt werden. Dann wird auch die Diskussion um das Denkmal neu einsetzen. Bleibt zu hoffen, daß man in Prenzlauer Berg aus dem Abriß des Lenindenkmals gelernt hat.

BERND KAMMER

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