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Eine Lektion in Widerspruch

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Klo- und Häuserwänden, von den Sitzbänken der S-Bahn, von überall her schreit er, der infantile Radikalismus. Verschieden ausgereift krakeln seine Wortfindungen zotiges Geschwätz oder markige Polittirade, verletzen seine Symboliken selbst die paar übriggebliebenen ästhetischen Geschmackssinne des hartgesottensten Fernsehguckers. Sollte es diese Gesellschaft wirklich geschafft haben, unser tätiges Widerstandspotential auf den Nullpunkt der heimlichen Kloinschrift hinunterzukapitalisieren? Sie hat es massenhaft geschafft, aber noch nicht überall, wie Ausnahmen beweisen.

.“ “Einer fdetf ??? Lebfensbesesse-' nen, der unfertigen Widerständigen'-ist ?der -30jährige Maler ROCCO Pagel, dessen Ausstellung „für die Unfertigen“ im Parkhaus Treptow zu sehen ist. Nähert sich der Betrachter ROCCOS Malerei, verbrennt er sich wie an einem glühenden Ofen. Oft expressiv, manchmal zurückhaltend, drängen Farben und Figuren aus dem Bild heraus. Nicht, weil die Malerei so organisiert wäre, daß sie ihre Figuren ausschütten müßte, sondern weil Geschichten erzählt werden, die trotz aller Nähe zu expressionistischer Abstraktheit oder gerade deswegen so nahe an Leben und Tod, an alltägli-

chen Erfahrungen sind, daß sie in den Betrachter einsickern, das Bild zu einem Bestandteil von ihm werden lassen oder ihn zu einem Teil des Bildes machen. Hier beginnt die Gegenwehr, die Auseinandersetzung. Man muß seinen eigenen Standpunkt bekräftigen und verschieben, um Herr der Lage zu bleiben oder zu werden. So etwas wie ein gegenseitiger Lerneffekt setzt ein: Kunstwerk und Betrachter verändern sich.

ROCCO spielt mit den Formen der Geschichte und Gegenwart, ihren oftmals winzigen, ikonischen Zeichen, „konstruiert“ Gestalten, die nichts hinter sich wissen, alles vor sich haben ( , die . sich niemals umschauen dürfen, würde es ihnen sonst doch ergehen wie den Märchenhelden, die zu Stein erstarren.

Des Malers Spiel hat nichts Infantiles, es ist todernst. Seine Bilder vermitteln Grenzerfahrungen, zeichnen Ängste, evozieren Mut. Aus all dem entsteht ein radikaler Raum des Widerstandes, der Lebenskraft. Das in ROCCO's Bildern zu erleben, ist Arbeit und Spaß zu gleichen Teilen, ist „Belehrung“ darüber, was Widerspruch bedeuten könnte.

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