Auch bei grobem Fehlverhalten erst Abmahnung

Die Kündigung des Arbeitnehmers wegen eines nicht akzeptablen Verhaltens (verhaltensbedingte Kündigung) setzt in der Regel die Abmahnung voraus. Erst wenn diese aus gleichem Anlass schon mal ausgesprochen worden war, kann der Arbeitgeber kündigen. Das ist die gesicherte Rechtsprechung. Wie sieht das aber bei »grobem« Fehlverhalten aus? Zweifellos gibt es bei unkorrektem Verhalten im Betrieb große Unterschiede. Das kann sich um dauerhafte Unfreundlichkeit, Mobbing, häufiges Zu-spät-Kommen, unentschuldigtes Fehlen oder gar um nachlässige Ausführung der konkreten Arbeitsleistung mit gefährlichen Folgen handeln. Bei »grobem« Fehlverhalten, was ein subjektiver Begriff ist, neigen Arbeitgeber häufig dazu, ohne Abmahnung zu kündigen, nicht selten fristlos. Der Betriebsrat ist in jedem Falle vor Ausspruch der Kündigung zu hören (§§ 102 und 103 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG). Der Arbeitgeber hat ihm insbesondere auch die Gründe der Kündigung mitzuteilen, was zur Hauptsache des Anhörungsverfahrens zählt. Nur so wird er in die Lage versetzt, sich eine Meinung zu bilden. Verletzt der Arbeitgeber diese Verpflichtung, ist die Kündigung schon deshalb unwirksam. Für die Meinungsbildung in solchen Fällen kann ein kürzliches Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf hilfreich sein. Ein Kfz-Mechaniker hatte an einem Pkw zwei Reifen zu montieren. Nachdem das Fahrzeug ausgeliefert worden war, meldete sich der Kunde und bemängelte, das linke Hinterrad habe sich gelöst, es fehlten zwei der fünf Radmuttern, und die anderen drei seien locker. Der Arbeitnehmer versicherte, er habe die Reifen ordnungsgemäß montiert, obgleich er im Werkstattbogen die Rubrik »Radbefestigungsschrauben nachgezogen« nicht abgezeichnet hatte. In dem Betrieb war es üblich, wie der Arbeitgeber vor Gericht versicherte, regelmäßig darauf hinzuweisen, dass die Radmontage mit ganz besonderer Sorgfalt zu erfolgen habe und dass bei Fehlern Kündigungen drohen. Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer fristlos und hilfsweise fristgerecht mit der Begründung, es bestehe der dringende Verdacht, dass dieser die Radmuttern nicht ordnungsgemäß angezogen habe. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers war erfolgreich. Das LAG begründete sein Urteil wie folgt: Eine außerordentliche Kündigung komme bei unzureichender Arbeitsleistung nur im Ausnahmefall in Frage, der hier nicht gegeben sei. Die hilfsweise beantragte fristgerechte Kündigung sei schon deshalb abzulehnen, weil sie bei verhaltensbedingten Gründen eine erfolglose Abmahnung voraussetze, die nicht erfolgt sei. Bei sicherheitsrelevanten Arbeiten, so das LAG, habe der Arbeitgeber die Arbeit so zu organisieren, dass mögliche Fehler rechtzeitig erkannt und beseitigt werden können (Urteil vom 25. Juli 2003, Az. 14 Sa 657/02). Mit Verweis auf dieses Urteil verfügt der Betriebsrat über einen verhältnismäßig sicheren Maßstab bei Prüfung und Stellungnahme zu ähnlich gelagerten Kündigungsfällen. Es ist aber nicht seine Aufgabe, jetzt im Sinne des Urteils zu prüfen, ob die so genannten sicherheitsrelevanten Arbeiten im Betrieb wirklich so organisiert sind, dass evtl. Arbeitsfehler zwingend aufgedeckt werden. Dies obliegt dem Direktio...

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