Parodie genial
CD-Tipp: »Sandmann« ist die Zugabe bei »Grönemania«
Vor ganz vielen Jahren sang Herbert Grönemeyer ausm Ruhrgebiet über die »Currywurst«. Da kannte ich ihn noch nicht. Ein paar Jahre später kam die Hammerplatte »Bochum«. Da mochte ich fast jedes Lied und sang mit, laut, leise, so wie Grönemeyer auch. Kurz darauf frotzelte Wiglaf Droste und sang: »Grönemeyer kann nicht tanzen«. Damit schien mir alles über Herbert gesagt. Auch, dass er nicht singen kann und dass seine Texte eigentlich Locken auf der Glatze drehen. Aber dann war Droste vergessen und Grönemeyer kam noch mal so richtig. So, dass meine Kinder den ganzen übrigen Chart-Käse (fast) vergaßen und gute Gedanken dachten, wenn sie »Mensch« hörten.
Seit Sylvester sind wir alle zusammen Fans von Herbie G. Der Fernseher hatte Pause und die frisch eingetrudelte CD »Grönemania« wurde wieder und wieder aufgelegt. Lachtränen schossen nur so hervor, als sich Herbie G. durch den »Bibabutzemann« knödelte, sich durch Lieder wie »Summ summ summ, Bienchen summ herum« oder »Spannenlanger Hansel, nudeldicke Dirn« presste, und dann gar noch die Pionierseele, die gebeutelte, streichelte mit »Wenn Mutti früh zur Arbeit geht« um sich als Krönung an »Unsre Heimat« zu vergreifen. Begleitet wird der inbrünstige Stakkato-Sänger Herbie G. von einem balladenhaft spielenden Piano und von einer unverschämt präsent eingemischten tosend applaudierenden Live-Konzert-Atmosphäre. Und wenn dann mittenhinein in den Schlußapplaus Sätze wie »Es ist schön, dass es euch gibt« gehaucht wurden, dann fuchte bei uns der Lachkrampf zum Jahresende noch mal so richtig hoch, und hatte sich lange nach »Sandmann, lieber Sandmann« als Zugabe immer noch nicht gelegt. Wäre auf dem CD-Cover nicht ein Aufkleber »Das ist keine CD von Herbert Grönemeyer« gewesen, keiner hätts geglaubt. Perfekt. Der ganze Zauber war weg. Schön schade.
Wer steckt denn nun hinter diesem Gaudy-Max? Von geheimen Konzertmitschnitten war die Rede. Die wahre Geschichte der Grönemania ist folgende: Ein 1971 in Zagreb geborener Allround-Musiker, Sinisa Horn, der hat sich das ausgedacht. Mit seiner Band »Liquid Loop« war er schon mal für die Musik zum Doris-Doerrie-Film »Nackt« verantwortlich. Außerdem feiert Sinisa Horn gerne. Und so ist es nicht verwunderlich, dass das Projekt »Herbie G. singt Kinderlieder«, ursprünglich ein Party-Gag, auf geheimnisvollen Wegen im Radio »Jump« vom MDR landete. Mittlerweile hat auch 104.6 RTL Berlin die Comedy-Serie übernommen. Selbst in die Charts hat es diese Genialverarschung schon geschafft. Und die treue Grönemeyer-Gemeinde reagiert versöhnlich. Den Angaben der Plattenfirma zufolge soll sogar gar der Meister selbst, nach einer ersten, wohl auch rechtlic...
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