Naturpark mit Nazi-Monument
Neuer Nutzer gesucht: Was wird aus der NS-Burg Vogelsang in der Eifel?
Seit dem Wochenende hat Nordrhein-Westfalen in der Nordeifel seinen ersten Nationalpark. Die Nationalsozialisten errichteten hier ein monumentales Schulungszentrum. Bisher werden Gebäude und Gelände von belgischem Militär genutzt. Weil damit Ende 2005 Schluss ist, wird nun darüber diskutiert, was aus der Nazi-Hinterlassenschaft werden soll.
Eiskalte Regenschauer prasseln aus sturmgepeitschten Wolken. Zerrupfte Fahnen dokumentieren, dass das Toben der Elemente über den Höhenrücken bei Gemünd keine Ausnahme ist. Das nasse Grau der Bruchsteinmauern passt sich nahtlos ein ins Grau-Braun der schneelosen Winterlandschaft. Solche Stimmung empfängt Journalisten, Politiker, Verwaltungsbeamte und interessierte Bürger bei der Besichtigung der steingewordenen NS-Ideologie in der Nordeifel: Rund 70000 Quadratmeter »Beeindruckungsarchitektur« hat der Kölner Architekt Clemens Klotz ab 1936 in den Berg sprengen lassen. Er entwarf die so genannte Ordensburg mit einem »Haus des Wissens« und einem 100 Meter hohen Turm. Alles andere würde den Repräsentationsansprüchen der NSDAP nicht genügen, befand Klotz, der immer wieder das vorauszuahnen suchte, was seine gigantomaniesüchtigen Bauherren für schön halten könnten. »Ich kann hier keine beeindruckende und erhaltenswerte Baukunst erkennen«, meint der ehemalige NRW-Innenminister Burkhard Hirsch (FDP). »Überhaupt ist der Begriff Burg völlig fehl am Platze und eine Romantisierung - was wir hier sehen, ist eine nationalsozialistische Schulungskaserne.« Die hat es in sich: Der Betrachter am Ufer des Urft-Stausees muss den Kopf weit nach hinten legen, um die Ausmaße des Bauwerks voll zu erfassen. Vogelsang sollte eine »Ordensburg« werden, in denen der Führernachwuchs geschliffen wurde. Vor allem körperliche Fitness und Rassenideologie waren die Unterrichtsinhalte der rund 2000 »Prediger des nationalsozialistischen Glaubens«, die in der Eifel einrückten. Seit rund 50 Jahren ist das Gelände öffentlich nicht mehr zugänglich, die Ordensburg und die umliegenden Flächen hielten dank aufmerksamer belgischer Militärpolizisten und wegen der Gefahr durch Blindgänger jahrzehntelang einen Dornröschenschlaf. Das aber wird Ende nächsten Jahres anders: Die belgischen Soldaten ziehen ab und werden Burg und Gelände der Bundesvermögensverwaltung übergeben. Die ist weit davon entfernt, sich über das Geschenk zu freuen: Veraltete Technik, ein riesiger Renovierungsstau und das völlige Desinteresse privater Investoren machen den Nazi-Komplex keineswegs zur Goldgrube für klamme öffentliche Haushalte. Im Gegenteil: Eine Machbarkeitsstudie für die künftige Nutzung geht davon aus, dass die Wiederherstellung des Komplexes mindestens 36 Millionen Euro kosten wird. Hinzu kommen derzeit etwa drei Millionen jährliche Betriebskosten. NRW-Bauminister Michael Vesper machte während eines Symposiums denn auch deutlich, dass öffentliches Geld bestenfalls eine Anschubfinanzierung leisten kann, »laufende Kosten müssen aus der Nutzung des Objektes selber erwirtschaftet werden«. Mit einer Idee für diese Selbstfinanzierung erlitt der Minister in der letzten Woche bereits spektakulär Schiffbruch: »Burg Vogelsang ist als ständiger Standort für die Wehrmachtsausstellung nicht geeignet«, befanden Historiker und Ausstellungsmacher unisono - und der Minister lenkte ein. Noch ist strittig, wie die Erinnerung an die NS-Geschichte und das Besucherzentrum des Nationalparks unter einen Hut gebracht werden könnten: »Viele Bürger wollen von der Ordensburg gar nichts wissen. Die kommen und wollen sich über den Park informieren. Mit dem Nazibau haben die nichts am Hut«, glaubt beispielsweise Volker Hoffmann vom Arbeitskreis Vogelsang im Förderverein Nationalpark Eifel. Zwei Jahre hat Minister Vesper jetzt Zeit, sich um das Problem zu kümmern: »Es ist höchste Zeit dafür«, meint der Grünen-Politiker. Denn ein Vakuum soll auf Vogelsang nicht entstehen - »sonst werden sich ewig Gestrige der Sache annehmen«. Das aber wäre keine gute Publicity für eine strukturschwache Region, die jeden Besucher, jeden Arb...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.