Zauberwort Zustiftung

Ostdeutsche Förderorganisation will im Jubiläumsjahr ihre Basis erweitern

  • Jochen Reinert
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Die aus DDR-Solidaritätsgeldern hervorgegangene Stiftung Nord-Süd-Brücken hat vor dem 10. Jahrestag ihres Bestehens am 14. März eine bemerkenswerte Initiative ergriffen: Sie will Zustifter gewinnen, um vor allem Projekte in der Dritten Welt noch besser finanzieren zu können.

Für Dr. Walter Romberg, in der letzten DDR-Regierung Finanzminister, gibt es gleich fünf Gründe, den Zustiftungsaufruf von Nord-Süd-Brücken zu unterstützen. Da ist zunächst die ansehnliche Leistungsbilanz der Stiftung: Sie hat seit 1994 mehr als 1100 Projekte mit etwa acht Millionen Euro gefördert. Zum anderen, so Romberg, ist Nord-Süd-Brücken eine ostdeutsche Stiftung für ostdeutsche Vereine und Gruppen, die Nord-Süd-Arbeit leisten. Und das Stiftungsvermögen werde im Sinne der ursprünglichen ostdeutschen Spender eingesetzt.
Romberg, der sich auch als Abrüstungsexperte einen Namen machte, sieht in der Nord-Süd-Arbeit nicht zuletzt einen Friedensfaktor. Heute, da »der Einsatz militärischer Gewalt in erschreckendem Umfang wieder die internationale Politik bestimmt«, seien anhaltende Anstrengungen notwendig, »damit Deutschland seine eigentliche Aufgabe in der internationalen Politik, als starke Zivilmacht zu wirken«, wahrnehmen könne. In diesem Kontext notwendiger zivilgesellschaftlicher Aktivitäten sieht er auch den ostdeutschen Nord-Süd-Brücken-Bau.
Schließlich verweist Romberg auf den »schlimmen Zustand der öffentlichen Finanzen«, der dazu geführt habe, dass »die öffentliche Förderung der entwicklungspolitischen Basisarbeit in Deutschland massiv, an vielen Stellen bis auf Null, zurückgeführt worden ist«.
Das Stiftungsvermögen von 17 Millionen Euro, so erläutert Kathrin Buhl, Vize-Geschäftsführerin von Nord-Süd-Brücken, gegenüber ND, ist vor allem in festverzinslichen Wertpapieren angelegt und zwar unter ethischen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten. Das bedeute keine Investitionen in der Rüstungs-, Atom-, Agrochemie- oder Tabakindustrie.
Nord-Süd-Brücken wirbt jetzt verstärkt für Spenden und Zustiftungen, da einerseits die Zinserträge seit Mitte der 90er Jahre zurückgingen und andererseits die »ostdeutschen Länderregierungen sich zunehmend aus ihrer Verantwortung für Entwicklungspolitik stehlen«, argumentiert Kathrin Buhl. Außerdem hätten die kleinen ostdeutschen Gruppen auch immer weniger Möglichkeiten, Fördermittel von der EU zu erhalten. Dem will Nord-Süd-Brücken via Zustiftungen und entsprechend erhöhter Zinserträge entgegenwirken, der Umfang der Förderung soll zumindest beibehalten und möglichst erhöht werden.
Der Vorteil einer Zustiftung, so Buhl, besteht u.a. darin, dass der eingesetzte Betrag dauerhaft für Entwicklung in der Dritten Welt »arbeitet«. Auch werde der Name der Zustifterin oder des Zustifters gleichsam »verewigt«. Armin Krejsa, einer der ersten Zustifter, schreibt über seine Beweggründe: »Der frühe Tod der Frau eines Freundes ließ mich erkennen, dass von einem Menschen auf Dauer meist nur wenig oder nichts die Zeit überdauert. Eine Zustiftung ist für mich das Bemühen, über den Tod hinaus etwas für eine friedliche soziale und gerechte Welt sowie den Schutz der natürlichen Umwelt zu tun.«

Info: Stiftung Nord-Süd-Brücken, Greifswalder Str. 33a, 10405 Berlin, Te...

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