Babys schlafen bestens ohne Kuscheltier

Plötzlicher Kindstod gibt den Experten Rätsel auf / Von Steffi Jantschew

Ein Kind wird geboren. Es wird geliebt, behütet und umsorgt - auch wenn es oft schreit und eigentlich noch gar nichts weiter kann. Wie schön ist es, einem Baby beim Schlafen zuzuschauen..
Dennoch ist gerade der Schlaf für die Kleinsten eine große Gefahr. Ungefähr 500 Babys, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendeten, sterben Jahr für Jahr während des Schlafens. Ursachen dieses »Plötzlichen Kindstods« sind in der Regel nicht zu erkennen, die meisten Babys werden allerdings auf dem Bauch liegend aufgefunden. Doch das allein ist keine eindeutige Erklärung. Noch immer wissen Experten nicht, was den »sudden infant death« (SID) auslöst.
Sicher ist, dass Babys oft nicht richtig schlafen gelegt werden. Professor Dr. med. Ekkehart Paditz, Kinderarzt in der Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Dresdener Universitätsklinik Carl Gustav Carus, nannte vor einer Woche auf einer Tagung zur »Prävention des Plötzlichen Säuglingstodes in Deutschland« als Grund dafür einen »tragischen Traditionsbruch«. Zwischen 1959 und 1969 hatten sich Ärzte, darunter besonders Orthopäden, verstärkt für die Bauchlage ausgesprochen, die daraufhin deutschlandweit propagiert wurde. Auch die Tatsache, dass in den USA die Kinder zum Schlafen auf den Bauch gelegt worden, weil sie so besser und schneller einschliefen, sorgte für eine Verbreitung dieser Meinung. Damit griff man in das Pflegeverhalten der Mütter und Hebammen ein, das sich in Jahrtausenden bewährt hatte. Mittlerweile sprechen die Experten von einem fatalen Fehler. Die Bauchlagen-Katastrophe forderte mehr Opfer als die Contergan-Katastrophe.
Zwischen 1980 und 2001 wurden deutschlandweit 18285 SID-Fälle registriert. Die Babys wurden nicht älter als ein Jahr. Mit 429 SID-Fällen im Jahr 2001 (das entspricht etwa einer Häufigkeit von einem Todesfall auf 2000 Lebendgeburten) ist Deutschland im internationalen Vergleich auf einem der letzten Plätze. Dabei zeigen klare epidemiologische Belege: etwa 90Prozent der Fälle sind vermeidbar. Würden von heute auf morgen alle Babys zum Schlafen auf den Rücken gelegt, könnten die Todesfälle in kürzester Zeit um ein Drittel gesenkt werden, meint Christian F. Poets aus Tübingen. Dafür spricht, dass 1972 in der DDR für die Kinderkrippen ein Beschluss aus dem Gesundheitsministerium die Bauchlage beim Schlafen verbot. Danach verringerten sich die Fälle des plötzlichen Kindstodes in diesen Einrichtungen um die Hälfte.
Doch nicht allein die Rückenlage ist entscheidend. Risikofaktoren für den Plötzlichen Säuglingstod sind auch die Überwärmung des Kindes sowie die Auswirkungen des Rauchens. Schläft ein Baby in Seitenlage, erhöht sich das Risiko um das Vierfache, in Bauchlage sowie bei starkem Schwitzen um das Neunfache. Schwere Bettdecken führen zu einem siebenfach erhöhten Risiko.
Richtig schläft der kleine Mensch auf dem Rücken, auf einer festen Matratze. In der Seitenlage besteht leicht die Möglichkeit besteht, dass das Kind auf den Bauch rollt und sich allein nicht zurückdrehen kann. Ein dickes Kissen oder eine weiche Matratze machen das zusätzlich schwierig. Babys, die in Rückenlage schlafen, atmen tiefer, haben einen kräftigeren Hustenreflex, weniger Atemwegsinfekte und erbrechen nicht so oft. Säuglinge in Rückenlage verschlucken sich seltener als in Bauch- oder Seitenlage. Das Risiko, Erbrochenes zu aspirieren, ist in Bauchlage anatomisch und physikalisch sogar größer. Viele Eltern fürchten, dass Babys durch Rückenlage einen flachen Hinterkopf bekommen. Sie sollten motiviert werden, sich mit dem wachen Baby intensiv zu beschäftigen und es zur Bewegung zu ermuntern. Im Wachzustand schadet Bauchlage nicht.
Schaden kann dem Kleinkind die Überhäufung mit Kuscheltieren und Kopfkissen. Ist noch ein wenig Platz im Bett, wird dieser häufig mit weichen Kissen, Windeln, Nestchen und gepolsterten Bettumrandungen ausgefüllt. All diese Dinge, warnt Prof. Dr. med. Paditz, erhöhen die Gefahr des Erstickens und der Überwärmung. Überwärmung führt zur Verminderung des Atemantriebes, besonders dann, wenn zusätzlich einen Luftwegsinfekt besteht. Auch die Decke ist überflüssig und gehört nicht in ein Kinderbett. Einen passenden Schlafsack können sich Babys nicht über den Kopf ziehen. Ein Baby im Schlafsack sollte deshalb auf keinen Fall noch mit Bettdecken oder mit Fellen zugedeckt werden.
Schon im 2. Lebensmonat schaffen es Säuglinge, sich die Bettdecke über den Kopf zu ziehen. Unnötig sind darüber hinaus Kopfbedeckungen und geheizte Schlafzimmer. Temperaturen von 16 bis 18 Grad sind ausreichend. Wenn sich die Haut in der Hals-Nackenpartie und zwischen den Schulterblättern des Babys warm, nicht verschwitzt und auch nicht kühl anfühlt, ist es wohltemperiert. Da können Nase oder Finger ruhig kühl sein.
Ein eigenes Schlafzimmer benötigt so ein kleines Kind im ersten Lebensjahr nicht und
auch ein Monitor schützt nicht vor den plötzlichen Kindstod.
Das Sicherste ist, wenn das Baby im elterlichen Schlafzimmer im eigenen Bett schläft. Das
Schlafen des Kindes in einem Bett mit der Mutter oder beiden Elternteilen erhöht das Risiko
um das bis zu 18fache.
Aktuelle Studien ergaben, dass 20 bis 50 Prozent aller Schwangeren rauchen. Bei durchschnittlich 13 Zigaretten pro Tag werden dem ungeborenen Kind damit Schadstoffe von zirka 3640 Zigaretten zugemutet. Schon bei bis zu 9 Zigaretten steigt das Risiko des
plötzlichen Kindstodes um das 3fache, während sich bei 20 Zigaretten und mehr das Risiko
fast um das 17fache erhöht.
Hinzu kommt, dass Rauchen auch Frühgeburten, Fehlbildungen, spätere Luftwegserkrankungen beim Baby und häufige Atemwegsinfekte auslösen kann. Gute Erfahrungen bei der Minimierung dieses Risikos hat man in Sachsen mit dem »Proaktiven Raucherberatungstelefon« gemacht. Das Besondere an dieser Aktion: Die Beraterin setzt sich mit der Schwangeren in Verbindung. 31 Prozent der beratenen Frauen schafften es, mit dem Rauchen aufzuhören.

www.babyschlaf.de
Tel. und kostenfreier Fax-Abruf: (0180)5099555 (12 Ct./Min.), kinderärztliche
Beratung erfolgt unter dieser Nummer jewe...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.