Fürst Oblomov startet mit Nachtigallen
Neues Theater am Hackeschen Markt will sich vorwiegend nach Osteuropa orientieren
„Fürst Oblomow - Kinder, der Theatername klingt: nach Muße und Amüsement unter weinenden Birken. Mitten in Berlin, am Hackeschen Markt, in Nachbarschaft diverser interessanter Kulturstätten, die von provinziellen Berlin-Gernegrößlern beständig mit den Titeln Kiez und Szene belegt werden, eröffnet heute eine neue Bühne dieses Namens.
Der Samowar-Titel ist absolut gewollt, da in der Stadt konkurrenzlos und deshalb vielversprechend. Programm ist der Namens-Klang allerdings noch nicht, denn der Startschuß zur Eröffnung wird mit Ephraim Kishpns ,£s war die Nachtigall“ gegeben,_gewisserj maßen ein Uberhänger aus dem Programm der „manufactur b“, aus dem das „Oblomow“-Theater hervorgegangen ist. Die „manufactur b“
spielte schon etliche Jahre, als Regisseur Bonk jetzt die Gelegenheit ergriff, die sich mit der wunderschönen Etage gegenüber vom S-Bahnhof Hackescher Markt und mit der Aufgeschlossenheit der Wohnungsbaugesellschaft Mitte für „Oblomow“ bot. Die Miete kommt vorerst vom Sozialpädagogischen Institut, als Teil-Anschubfinanzierung für ein sich hoffentlich in absehbarer Zeit selbst tragendes Theater. Noch nährt sich „Oblomow“ von den Sachkosten, die an den 15 ABM-Stellen hängen, und dem Eintritt aus den Jugendvorstellungen. Zwei Jahre Galgenfrist gibt sich die Bühne, um von den Subventionen unabhängig zu werden 1 - ürid de'r zur Pressekonferenz mit Kaffee, Brötchen und der hauseigenen Sektmarke „Oblomow“ geladene Journalist gestattete sich, Überlegungen über den
oft in Schauern niedergehenden, warmen ABM-Finanzierungsregen vorerst zu vertagen. Und die Premiere der ersten eigenen Inszenierung, nämlich Jose Trianas „Die Nacht der Mörder“, am Sonntag abzuwarten.
Jedes umsichtige Off-Theater - da macht das „Oblomow“ keine Ausnahme - pflegt heutzutage den staatlichen Bonus für Jugendarbeit mitzunehmen. Oder wie Frank Goyke, Autor und Mitorganisator, sagte: „Arbeit mit Jugendlichen wird ja doch eher gefördert“ Warum also nicht diese Strekke, wie sowieso beabsichtigt, weiterbedienen, zumal - so würde“ 'Börichleif p -' : sich'^die Theaterarbeit vor und mit jungen Leuten aus Schulen und Knast oft genug als Erfolg für alle Beteiligten sowie als „Therapie für die anwesenden Päd-
agogen erwies. Man kann also für die Off-Theater-Gemeinschaft nur hoffen, daß Berlin die Jugendlichen nicht ausgehen, vor allem die gefährdeten nicht.
Für das erwachsene Publikum bereitet das Ensemble das von früh bis spät beim Ausbau des Theaters selbst Hand anlegte, in Trödelläden und von sonstwo Ausstattung, darunter 32 Birkenbilder und diverse Scheinwerfer, zusammenholte - sogar ein „Oblomow“-Drama vor. Und zwar nach dem Gontscharow-Original. Ziel allen Strebens ist schließlich ein Repertoire, das Auftritte nicht nur von Donnerstag bis Sonnabend ermöglicht und „sich vorwiegend nach Osteuropa und an osteuropäischer Kunst orientieren“ will. N1K1TA TUMAN
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