• Ratgeber
  • Mieterhöhungen nach Mietspiegeln

Vermieter müssen ihre Forderung begründen Hinweis auf Mietspiegel allein reicht nicht aus

  • Dr. jur. HEINZ KUSCHEL
  • Lesedauer: ca. 6.5 Min.
Im ND-Ratgeber 623 vom 21. Januar berichteten wir auf Seite 2 unter der Überschrift »Mieterhöhungen nicht kritiklos hinnehmen« über den Erfolg Berliner Mieter, die sich gegen unzureichend bzw. unzulässige Begründungen von Mieterhöhungen auf den Oberwert gewehrt haben. Statt auf die Argumente ihrer Mieter sachlich einzugehen, drohte der Vermieter mit Zustimmungsklage vor dem Amtsgericht. Als Mieter auf ihrer berechtigten Ablehnung beharrten, folgten reihenweise Klagen gegen sie. Aber die Klagen wurden in mehr als 40 Fällen abgewiesen! Ähnliche Erfahrungen gibt es auch anderswo.
Wenn Mieter einer Mieterhöhung nicht bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach dem Zugang des Verlangens zustimmen, kann der Vermieter auf Erteilung der Zustimmung klagen. So bestimmt es der §558b Abs. 2 BGB. Die Frage ist aber immer auch, ob die Forderungen der Vermieter ausreichend begründet sind. Weil das nicht immer der Fall war, stimmten Mieter, die das bemerkten, nicht oder nur teilweise zu und prompt wurden sie auf Zustimmung verklagt.

Wohnqualität ist keine abstrakte Größe
In den Klagen wurde zumeist behauptet, dass die Mieterhöhungen - im Gegensatz zur Auffassung der Mieter - ausreichend begründet seien, denn es habe eine zutreffende Einordnung in das betreffende Mietspiegelfeld stattgefunden. Die geforderte Miete sei ortsüblich, mehr müsse nicht begründet werden.
Mieter, die das nicht kritiklos hinnahmen, verwiesen darauf, dass die Vermieter überhaupt nicht auf ihre konkrete Wohnung eingegangen seien. Bei der Forderung nach mehr Miete sei weder die Beschaffenheit der Wohnung noch die Wohnqualität berücksichtigt worden. Es gab keinerlei Hinweise auf qualitätsmindernde bzw. -erhöhende Merkmale und keine Berücksichtigung von Ausstattungen, die Mieter selbst erbracht hatten. Mit diesen Argumenten widersprachen sie der Mieterhöhungsforderung und ließen es auf eine Zustimmungsklage ankommen. Die Mieter konnten sich darauf stützen, dass laut Gesetz (§558a BGB), Mieterhöhungsverlangen »zu erklären und zu begründen« sind. Es heißt aber auch in diesem Paragrafen unter Punkt 1, dass zur Begründung »insbesondere« Bezug genommen werden kann auf einen Mietspiegel. Wenn dieser Spannen enthält, »reicht es aus«, so Abs. 4 des Paragrafen, »wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt«. 

Gesetz verlangt Erklärung und Begründung
Genau damit rechtfertigten Vermieter, dass eine Bezugnahme auf die Mietspiegelspanne mit ihrem unteren und oberen Wert ausreiche, um die Zustimmung des Mieters zu verlangen, notfalls auch mittels Klage dazu.
Aber das ist nur ein Teil der gesetzlichen Bestimmung! Im gleichen Paragrafen heißt es schon im einleitenden Abs. 1: »Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen«.
Das fehlt vielfach und dementsprechend nichts sagend sehen denn auch viele Klagen aus. Hier sind auch Richter gefordert, Mieterhöhungen, die ausschließlich mit einem Hinweis auf den Mietspiegel begründet sind, als nicht ausreichend anzusehen. Wir stießen auf ein bemerkenswertes Urteil des Amtsgerichtes Weimar, das trotz Bezugnahme des Vermieters auf den Mietspiegel - also scheinbar in völliger Übereinstimmung mit dem Mietrecht - die Erhöhungsforderung zurückwies, weil der Vermieter der gesetzlich vorgeschriebenen Begründungs- und Erläuterungspflicht nicht nach gekommen war. 

Merkmale für Mietobergrenze sind darzulegen
Der Vermieter rechtfertigte sich damit, dass er doch mit der Einordnung der Wohnung in das Mietspiegelfeld seine Mieterhöhungsforderung ausreichend begründet habe. Das Gericht hielt ihm entgegen, dass seine Forderung unwirksam sei, weil nicht mindestens fünf Ausstattungsmerkmale (von insgesamt sechs dort gültigen) für die vollmodernisierte Wohnung aufgeführt worden sind. Deshalb könne die obere Spannengrenze nicht gefordert werden.
Der Vermieter hatte in seinem Mieterhöhungsverlangen die hier erwähnten fünf Merkmale nicht erwähnt und er hatte auch in der Verhandlung vor Gericht seine Forderung nicht ergänzt. Folgerichtig wurde seine Klage mangels wirksamer Erklärung als unbegründet abgewiesen.
Solchen Vermietern steht nun frei, ihre Mieterhöhungsforderung vollständig zu wiederholen. Daraus ergibt sich für den betreffenden Mieter, dass er monatelang keine höhere Miete zahlen muss.
Auch in Frankfurt (Oder) versäumen Vermieter die Benennung von mindestens sechs Sonderausstattungsmerkmalen (von 16 möglichen). Sie halten die Erläuterung und Begründung nicht für notwendig. Es heißt sogar, der Mieter kenne doch seine Wohnung, da brauche man doch nicht noch extra aufzuzählen, welche Merkmale zutreffen und diese zu begründen. 

Mieterzustimmung nach »Heilung« im Klageverfahren
Erst im Klageverfahren oder auf den »letzten Drücker« wurden dann sechs dieser Merkmale benannt oder es stellte sich auch heraus, dass nur vier oder fünf Sonderausstattungsmerkmale gegeben waren. Solche gescheiterten Klagen werden dann in der Regel zurückgenommen, andernfalls kommt es zur Klageabweisung.
Erst mit richterlichem Hinweis auf die Gesetzeslage und durch die Klageerwiderung bequemten sich Vermieter, nähere Angaben zu machen und ihre mangelhaften Mieterhöhungserklärungen »zu heilen«. Mit der Zustellung der »Heilungserklärung« (also einer nunmehr ergänzten Mieterhöhungserklärung), beginnt für den beklagten Mieter eine neue Überlegungsfrist, ob er nun der Mieterhöhung zustimmen will oder nicht. Entweder weist das Gericht die Klage ab oder es wartet mit einem Urteil so lange, bis der beklagte Mieter während der neuen Frist zustimmt oder nicht.
Achtung: Stimmt ein beklagter Mieter noch im laufenden Gerichtsverfahren der nun in der Regel niedrigeren Mieterhöhung zu, trägt der klagende Vermieter die Kosten des Verfahrens. Nochmal Achtung: Bringt der Mieter zum Ausdruck, er stimme weiterhin nicht zu oder er lässt die Zeit ohne Antwort verstreichen, kann das Gericht von der weiteren Zustimmungsverweigerung ausgehen und ihn zur Zustimmung und zur Zahlung der Mieterhöhung verurteilen. Dennoch bleibt für diesen Mieter der Vorteil, sich die Mieterhöhung für Monate erspart zu haben.
Ein weiteres Problem sind die Beschreibung und Nachweisführung, dass die geforderte höhere Miete ortsüblich sei bzw. das die Ortsüblichkeit nicht überschritten wird. Auch dabei glauben Vermieter es sich leicht und einfach machen zu können, indem sie behaupten, dass die geforderte höhere Miete ortsüblich ist. Doch das reicht nicht. Es ist mit Umständen und Tatsachen, die die betreffende Wohnung charakterisieren, zu begründen, dass sich die neue Miethöhe im Rahmen der ortsüblichen Miete bewegt und diese nicht überschreitet. Dabei kann auch auf gleichartige andere Wohnungen mit gleichen Vor- und Nachteilen verwiesen werden. 

Durchschnitt rechtfertigt nur den Mittelwert
Eine solche konkrete Einschätzung und Bewertung von Wohnungen und deren Einordnung in die Mietspiegelspanne wird jedoch weitestgehend vermisst.
Sind in den Mietspiegeln Mittelwerte angegeben, wird sowohl in der Rechtsprechung, wie auch in der Fachliteratur überwiegend die Ansicht vertreten, dass für eine Durchschnittswohnung nur eine Miethöhe im Bereich des Mittelwertes gerechtfertigt sei. Werden Miethöhen über den Mittelwert hinaus oder die oberste Grenze des Mietspiegelfeldes gefordert, sind Fakten und Umstände zu benennen und zu begründen.
Viele Großvermieter stellen sich diesen Erfordernissen nicht. Sie haben dafür auch keine Vorarbeiten geleistet und sie können ihre Wohnungen demzufolge nicht individuell bewerten und einstufen und behaupten einfach, die neue Miete sei die ortsübliche.
In Gerichtsverfahren wird oftmals auch offenkundig, dass Eigenleistungen von Mietern zur Verbesserung ihrer Wohnung bei Mieterhöhungen unberücksichtigt bleiben. 

Eigenleistungen der Mieter sind zu berücksichtigen
Das betrifft z.B. teure Mietermaßnahmen, wie umfassende Modernisierung von Küche und Bad. Vermieter haben nur Anspruch auf von ihnen selbst erbrachte Verbesserung der Wohnqualität. Richter am Amtsgericht Frankfurt (Oder) fordern die beweisfähige Darlegung von Umständen, die eine Mieterhöhung über den Mittelwert, insbesondere im oberen Bereich des Mietspiegelfeldes, rechtfertigen.
Liegt die Mieterhöhung teils unter, teils über dem Mittelwert, wird der Mieterhöhungsanspruch vom Gericht nur bis zum Mittelwert anerkannt, wenn weitere Begründungen vom klagenden Vermieter nicht erbracht werden können, weil sie nicht gegeben sind (U.a. Urteil des AG Frankfurt (Oder) Az. 2.8C1468). Dieser Standpunkt erbringt Klageabweisungen und auch -rücknahmen.
Mieter sollten sich also konsequenter und mit Rechtshilfe zur Wehr setzen. Die Mängel, die zur Klagerücknahme oder zur Reduzierung von Erhöhungsforderungen führten, sind real vorhanden, auch bei Mietern, die zu ihrem Nachteil dennoch zustimmten. Wenn eine Wohnung nur durchschnittliche Wohnqualität hat muss auch nur einer Mieterhöhung bis zum Mittelwert zugestimmt werden.

Urteil des AG Weimar vom 6. August 2003, Az. 6C1244/02; Literatur: Broschüre des Deutsch...

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