Ausverkauf in Prora?

Rügener Museumsbetreiber womöglich nur noch 2004 auf sicherem Grund

Das Museum Prora auf Rügen hatte ab 1. Januar bereits geschlossen. Der Ausstellungsteil Wasserwelt wurde vorsichtshalber abgebaut. Museumsgründer Joachim Wernicke begründete den Schritt gegenüber der »Ostseezeitung«, er wolle einen drohenden Konkurs abwenden. Die Mitarbeiter schickte er erst einmal nach Hause. Seit 1. Februar ist das Museum wieder offen, die Wasserwelt wird wieder aufgebaut, versicherte Museumsmitarbeiter Uwe Schwarz. Zumindest für das Jahr 2004 existierten verträgliche Mietverträge
Hintergrund für das Auf und Ab sind Eigentumsfragen. Das Museum Prora liegt im Block III eines aus der Hitlerzeit stehen gebliebenen Monumentalbaus. In Prora sollte auf Befehl Hitlers mit fünf Kilometern Länge ein kasernierter Ferienort für 20000 Personen gebaut werden. Heute stehen noch fünf Blöcke am Ostseeufer. Nach 1945 erkannte die DDR-Führung die zweckgemäßere Bestimmung der einförmigen Häuserfront, sie baute die Blockfront in Prora zu Kasernen erst für Volkspolizei, danach für NVA aus. Den langen Strand in der Binzer Bucht trennte bis 1989 ein Zaun. Auf der einen Seite des Zauns vergnügten sich FDGB- und Privaturlauber. Hinter dem Zaun schoben Soldaten Dienst.

Block III ging an Konkurrenten
Nach 1992 richteten sich Museen und Galerien im Block III der Häuserfront ein. Das ganze Gelände mit dem erstklassigen Ostseestrand, den eintönigen, noch erhalten gebliebenen Blöcken und einem Stück Kiefernwald wurde dem Bundesvermögensamt übertragen. Vorübergehend und zum Verkauf an private Interessenten.
Ende Dezember vorigen Jahres war es soweit. Das Bundesvermögensamt verkaufte den Block III an Ludger Guttwein. Guttwein betreibt auch ein Museum in Prora, aber nicht im Block III der Hitlerbauten. Das Eisenbahn- und Technik-Museum von Guttwein findet man in der Nähe des Bahnhofs Prora. Natürlich betrachten andere Museumsbetreiber Ludger Guttwein als Konkurrenten, dessen Mieter sie durch den Verkauf wurden.
Auch Betreiber der im Block III angesiedelten Museen wollten das Haus kaufen. Etwa Kurt Meyer, der in Prora das Museum KulturkunstStatt aufbaute. Auch Joachim Wernicke gab ein Angebot ab. Der Bund entschied sich für Guttwein, weil er nicht »in die schwierige Konkurrenzsituation zwischen einzelnen Museumsbetreibern« einbezogen werden wollte, so ein Mitarbeiter des Rostocker Vermögensamtes. Damit konnten eigentlich nur Joachim Wernicke und Kurt Meyer gemeint sein.
Beide bestreiten eine »schwierige Konkurrenzsituation«. Es habe lediglich Streit wegen des Denkmalschutzes gegeben. Kurt Meyer beruft sich auf seinen Mietvertrag für 2004. Außerdem zahle er seine Miete immer noch an den Bund. Deshalb wurde sein Museum KulturkunstStatt im Januar nicht geschlossen, die 16 Mitarbeiter hat er auch im Januar beschäftigt. Für 2005 hofft Meyer auf »vernünftige Konditionen für die Museumsmeile«.
Auch Uwe Schwarz vom Museum Prora ist für dieses Jahr wieder zuversichtlich. Mietverträge müssten eingehalten werden. Sein Chef, der Berliner Joachim Wernicke, sehe sich aber auch nach einem zweiten Standbein für das Museum um. Das müsse nicht auf Rügen liegen, obwohl seine Mitarbeiter darauf hoffen, dass Wernicke auf der Insel bleibt.
Gleich nach dem eigenen Kauf bot der neue Besitzer Guttwein Betreibern im Block III einen Weiterverkauf an. Die empfanden das Angebot als zu hoch. Außerdem sollten sie sich innerhalb von drei Tagen für oder gegen den Kauf von Teilen des Blocks III entscheiden. Im Gegenzug unterbreiteten die Museumsbetreiber einen Kaufvorschlag für Gebäudeteile, den Besitzer Guttwein prüfen wollte. Für neun Abschnitte wollte man je 27000 Euro zahlen. Den Rest des Blocks sollte Guttwein behalten und nach seinen Plänen nutzen. Laut »Ostseezeitung« hatte Guttwein 97502 Euro pro Abschnitt verlangt. Eine Antwort auf das Angebot der Museumsleute stand mindestens bis gestern noch aus.
Von anderen Betreibern in Prora ist zu hören, dass sie immer noch ein gänzlich anderes Szenarium fürchten. Schon lange vor dem Verkauf von Block III wurde über einen Hamburger »Investor« geredet. Der wollte angeblich die ersten Blöcke kaufen und Ferienwohnungen einrichten. Der Strand vor den Häusern ist erstklassig. Die eintönige, derzeit graue Fassade sollte durch Erker, Balkone und Aufzüge gelockert werden. Das wäre dann das Ende für die Museumsmeile, fürchten vor allem die kleineren Betreiber von Galerien und die Künstler mit ihren Ateliers. Der Hamburger könnte, wenn schon mal am Strand warm geworden, auch den Block III vom derzeitigen Besitzer Guttwein kaufen und die Museen und Galerien durch hohe Mieten vertreiben.
Ein anderer Vorschlag für den Block lautet: »Wir richten ein Hotel und Wohnungen in den Stockwerken über den Museen ein.« Dann könnten die Museen von Mieteinnahmen und Hotelgewinnen profitieren. Das bezweifeln Museumsmitarbeiter. Warum sollte ein Hotelbetreiber Geld für ein Museum in seinem Haus abgeben? Außerdem können Hotelgäste oder Ferienwohnungsnutzer nicht durch die Museumsanlagen zu ihren Unterkünften laufen. Die Haupteingänge sind hier nun mal Eintrittsbereiche der Museen.
Umgedreht fänden Museumsleute das Projekt interessanter. Sie bekommen das Haus und richten zusätzlich Hotel oder Ferienwohnungen ein, profitieren so von allen Einnahmen.
Wohl auch deshalb favorisieren Museumsleute einen anderen Plan. Im Block III sollten behindertengerechte, jugendbezogene und sozial orientierte Unterkünfte entstehen, die gewachsenen Kultureinrichtungen erhalten bleiben. Das steht so auf der Internetseite des Museums Prora. Grundlage: Die Museen dürfen mindestens als Teileigentümer das Gebäude nutzen. Ein Kaufvorschlag liegt beim derzeitigen Besitzer Guttwein.

Hotels und Pensionen ausgebucht
Gerade im Winter oder an Schlechtwettertagen bieten die Museen Proras eine Alternative zum Strand. Außerdem kann man in einer knappen Stunde am Strand vom Binzer Zentrum bis zum Museumsblock Prora wandern. Museen gehören wie Musikfestivals oder Badetempel zum Konzept, das ganze Jahr über Touristen nach Mecklenburg-Vorpommern zu locken. Trotzdem bleiben Sonnenwetter, weiße Strände und die Bäderarchitektur der im Durchschnitt kleiner als anderswo angelegten Hotels und Pensionen die unbestrittenen Anziehungspunkte. Nicht nur in Binz. Im heißen Sommer 2003 hieß es wochenweise auf Rügen: »Hotels und Pensionen ausgebucht.«
Seit 1992 steigt die Zahl der Gästeübernachtungen in Mecklenburg-Vorpommern. 1992 wurden 6,7 Millionen Übernachtungen gezählt, im Vorjahr waren es schon 22 Millionen. Während andere Regionen wie Schleswig-Holstein Besucher verlieren, stieg Mecklenburg-Vorpommern 2003 zum beliebtesten bundesdeutschen Sommerferienziel auf, gefolgt von den früheren Spitzenreitern Bayern und Schleswig-Holstein.
Ob nun die meisten Urlauber aus dem Osten oder aus dem Westen kommen, das ist eine Interpretationsfrage. Im vorigen Sommer schlugen die Statistiker 47 Prozent der Gäste zum Westen, 41 Prozent zum Osten und zehn Prozent zu Berlin. D...

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