Grüne Barette und Nachtjäger

Stuttgart mausert sich zum europäischen Zentrum der US-Sonderkommandos

  • Gerhard Piper
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Die baden-württembergische Landeshauptstadt wird immer mehr zu einem Zentrum für Spezialeinheiten für den »Antiterror-Krieg« und die Guerillabekämpfung. Außer den Nachtjägern »Night Stalkers« kommt auch eine »Antiterror-Schule«.

Mit fünf Kasernen zählt Stuttgart heute zu den großen Militärstandorten der USA-Streitkräfte in Deutschland. In den Patch-Barracks ist das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa (EUCOM) untergebracht. Zu dessen Generalstabsabteilungen gehört auch das Special Operations Command Europe (SOCEUR), das alle USA-Sondereinheiten im europäischen Bereich führt - vier Spezialkommandos, von denen die Hälfte in Stuttgart selbst stationiert sind. Dabei handelt es sich um das 1. Bataillon der 10th Special Forces Group (Airborne), das gegenwärtig von Oberstleutnant Robert Warburg kommandiert wird. Die Einheit der als »Green Berets« u.a. im Vietnamkrieg unrühmlich bekannt gewordenen Truppe war 1991 vom bayerischen Bad Tölz nach Stuttgart verlegt worden und hat seitdem an Operationen in Jugoslawien und Irak teilgenommen. Zu den Aufgaben der »Green Berets« gehört insbesondere die Guerillabekämpfung. Die zweite Einheit ist die Naval Special Warfare Unit Two. Wie der Name schon sagt, handelt es sich hierbei um eine Truppe der US-Marine, die es in die Schwäbische Alb verschlagen hat. Die Einheit wurde Anfang der neunziger Jahre vom schottischen Machrihanish nach Stuttgart verlegt. Ihr Befehlshaber ist z. Zt. Commander Gerald Weers. Bei der Einheit handelt es sich um eine Führungsstelle, die sämtliche Einsätze und Übungen der US-Marinesondereinheiten im europäischen Raum unterstützt. Das Kommando selbst besitzt keine Kampftruppe, vielmehr werden ihr andere Kampfschwimmereinheiten aus den USA rotationsweise für jeweils mehrere Monate zugeordnet. Zum Einsatz, z. B. in Ex-Jugoslawien, kommt insbesondere das »Seal Team Two« aus Little Creek in Virginia. Für den US-amerikanischen »Antiterror-Krieg« könnte im kommenden Jahr eine weitere Spezialeinheit nach Stuttgart verlegt werden, nämlich eine Kompanie des Hubschrauberregimentes »Night Stalkers«. Bei der neuen Spezialeinheit handelt es sich um die Foxtrott-Kompanie des 160th Special Operations Aviation Regiments der US-Heeresflieger. Das Hubschrauberregiment wurde am 16. Oktober 1981 gegründet, nachdem eine US-Kommandoaktion zur Befreiung der Geiseln in der US-Botschaft in Teheran durch den Ausfall mehrerer Helikopter kläglich gescheitert war. Kommandiert wird der Verband seit dem 1. Juli 2003 von Oberst Andrew N. Milani. Dessen Stab und zwei Bataillone sind in Fort Campbell (Kentucky) stationiert, ein drittes Bataillon in Georgia. Außerdem ist eine kleinere Einheit im südkoreanischen Osan untergebracht. Das Regiment verfügt über hundert Spezialhubschrauber verschiedener Typen. Mit ihren Infrarot- und Nachtsichtgeräten gelten diese so genannten »Night Stalkers« weltweit als die einzigen Piloten, die den Blindflug in Baumwipfelhöhe sicher beherrschen. Auf diese Weise können sie bei Kommandoaktionen Soldaten der Elitetruppen unerkannt hinter den feindlichen Linien absetzen. »Der Tod wartet im Dunkeln«, lautet ihr Kampfmotto. Eingesetzt wurde der Verband u.a. in Panama, Somalia und Irak. Die Truppe verfügt bisher über Kampfhubschrauber des älteren Typs MH-47E Chinook SOA. Durch die vielen Kampfeinsätze der letzten Jahre war zeitweise nicht einmal die Hälfte der vorhandenen Maschinen flugfähig. Die Chinooks werden gegenwärtig durch den Einbau verbesserter Elektronik, stärkerer Triebwerke und größerer Tanks usw. auf den G-Standard umgebaut. Die ersten sechs wurden im Jahr 2002 bestellt, langfristig wollen die US-Streitkräfte 36 Exemplare zum Stückpreis von 66,8 Millionen Dollar beschaffen. Der Erstflug des Prototypen ist für Februar 2004 geplant und ab Oktober sollen die ersten Maschinen vom Hersteller Boeing in Philadelphia an die Truppe ausgeliefert werden. Für Stuttgart ist eine Kompanie mit 140 Soldaten und fünf Helikoptern vorgesehen. Noch sind nicht alle Hubschrauber bestellt, aber mit einem US-Militärhaushalt im kommenden Jahr von über 400 Milliarden US-Dollar dürfte es bei der Finanzierung keine Probleme geben. Schon heute wird der Südteil des Verkehrsflughafens bei Leinfelden-Echterdingen von den US-Streitkräften als »Stuttgart Army Air Field« (SAAF) genutzt. Auf dem Fliegerhorst sind eine Luftwaffenstaffel mit vier kleinen VIP-Passagierflugzeugen vom Typ Learjet und eine »normale« Hubschraubereinheit stationiert. EUCOM-Befehlshaber General James L. Jones hatte bereits am 29. April 2003 11,4 Millionen Dollar für den Ausbau der Basis vom US-Parlament in Washington gefordert, die aber noch nicht bewilligt wurden. Eine endgültige Entscheidung über eine Stationierung in der schwäbischen Landeshauptstadt wird so frühestens im September 2004 fallen. Schon jetzt regt sich in den Umlandgemeinden der Widerstand der Bevölkerung gegen die drohende Zunahme des Fluglärms. Für den weiteren Ausbau Stuttgarts zum europäischen Zentrum der US-Spezialeinheiten spricht nicht zuletzt, dass mit der geplanten Verlegung der Hubschraubereinheit geplant ist, auf dem Stuttgarter Heeresfliegerhorst eine Anti-Terror-Schule zu errichten. Ob hier nur US-amerikanische GIs oder auch die Soldaten anderer Nationen ausgebildet werden sollen, bleibt abzuwarten. Bereits im März letzten Jahres war in der Panzer-Kaserne eine neue Übungskampfbahn für den Häuserkampf eröffnet worden. Der Bau der Anlage kostete 750000 Dollar. Unser Autor ist Mitarbeiter des Berliner In...

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