Die Stimme der BVG
Jana Louka sprach nicht nur SFB-Nachrichten
Es war Anfang der 80er, als SFB-Nachrichtensprecherin Jana Louka begann, Waschmaschinen oder dem Aufzug in der Philharmonie ihre Stimme zu leihen. Zu dieser Zeit wurden in den Westberliner Doppelstockbussen aus Kostengründen die Schaffner, die bis dato außer fürs Verkaufen von Billets auch fürs Ansagen von Stationen zuständig waren, »abgeschafft«. Um den Fahrern nicht gleichzeitig mehr Arbeit aufzubrummen, wurde Louka engagiert. So landete sie in der Datenbank der BVG.
Ihre Körperhaltung hat etwas Aristokratisches. Auf den ersten Blick wirkt sie streng. Das vergeht, sitzt man ihr ein paar Minuten gegenüber. Doch genauso rasch wird klar, wie wichtig ihr im täglichen Leben gepflegte Manieren sind. Ihr Motto seit jeher: »Nicht die Grenze überschreiten, schön Distanz halten.« Entsprechend gefallen habe ihr, dass ihr nie jemand, der sie auf der Straße oder in einem Geschäft erkannte, einfach auf die Schulter klopfte. »Ich wurde stets höflich angesprochen.«
Und das ziemlich oft. War sie beim Westberliner Sender doch eine der allerersten Frauen, die überhaupt Nachrichten sprechen durften. Zuerst beim Radio, später vor der Kamera. Das ist nun über 30 Jahre her. Dennoch sprudeln die Erinnerungen, als wäre es gestern. »Der Moderator hat gewisse Freiheiten, der Sprecher hingegen muss seine Mimik kontrollieren, gut frisiert sein und deutlich sprechen. Es ist ein sehr einsamer Job.«
Geboren zum Kriegsende, zog sie, nachdem der Vater - da war sie schon schulpflichtig - die Familie verlassen hatte, mit der Mutter nach Berlin. Alles andere als eine Liebe auf den ersten Blick. Während sich andere nach den Ferien freuten, den Funkturm wiederzusehen, »wurde mir klamm ums Herz«. Eigentlich wollte das einzige Kind einer Schauspielerfamilie Darstellerin werden, lernte aber - da sie auch die Schattenseiten des Berufs kannte - erst »was Handfestes«: Buchhändlerin. Später dann professionell singen, tanzen und sprechen. Ihre kleine Karriere begann mit Kurzauftritten in Fernsehspielen. Nebenher synchronisierte sie Filme, sprach Hörbücher und Features. Später arbeitete sie in Kulturprogrammen.
Zu gern hätte sie schon damals mit ihrer alten Freundin Nora, einer Bildhauerin in Ostberlin, Opernaufführungen besucht. Der Passierschein galt aber nur bis 24 Uhr. So saßen die beiden meist in der Wohnung der Freundin, in Prenzlauer Berg. Seit ein paar Jahren holen sie vieles nach. Dass die heute knapp 60-Jährige doch noch ihren »Frieden mit Berlin« gemacht hat, lag daran, dass sie ihre Mutter mit der Pflege der Oma nicht allein lassen wollte.
1994 meldete sich dann die BVG wieder. Wegen der Modernisierung der Straßenbahnen, vieler neuer Stationsnamen und der geänderten Linienführungen war nicht nur ihre deutliche Artikulation gefragt. »Ihre Stimme ist sehr sonor«, weiß man Louka bei der BVG zu schätzen. »Dieser Klang geht niemandem auf die Nerven, nicht einmal nach 46 Haltestellen, die die längste Linie, die Tram 6, ansteuert.«
Mit Komplimenten hat sie sichtlich Probleme. Louka lenkt ab und spielt Bedauern darüber, dass mit diesem schönen Job entgegen anders lautender Gerüchte leider kein lebenslanger BVG-Freifahrtsschein inbegriffen war. Nebenbei lässt sie Persönliches durchblicken. Letztes Jahr ist ihr Mann verstorben. Beim frisch fusionierten RBB sah sie seither keine Zukunft mehr für sich.
Sie überlegt, privat Sprechunterricht zu geben. Erfahrung hat sie: Beim SFB trimmte sie junge Kollegen. Für ein ausgefülltes Privatleben sorgen neben Freunden ihr Stiefsohn und dessen kleine Tochter. »Ich bin Großmutter geworden ohne ein einziges eigenes Kind.« Lo...
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