Renten für Nazi-Verfolgte bleiben sicher

Gesetz soll den 31.12. 2004 als Ende der Antragsfrist setzen/Senat: Für Aufregung kein Anlass

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem 31. Dezember 2004 sollen keine neuen Anträge mehr auf eine Rente nach dem Berliner »Gesetz über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus« (PrVG) gestellt werden können. Zugleich ist in einer Gesetzesänderung die Sicherung des »derzeitigen Niveaus der Versorgung« vorgesehen. Die Leistungen sollen an die Raten nach dem Bundessozialhilfegesetz gekoppelt werden. Diese von der rot-roten Koalition vorgelegte Novelle wird in erster Lesung am Donnerstag im Abgeordnetenhaus beraten. Begründet wird das Ende der Antragsfrist mit »verlässlicheren Planungsdaten hinsichtlich der künftigen Finanzierungskosten«. Es handele sich um »keine unzumutbare Härte«, werde über 58 Jahre nach Kriegsende dem »betroffenen Personenkreis Gelegenheit zur abschließenden Entscheidung über eine Antragstellung gegeben«, heißt es im Gesetzentwurf. Bisher würden jeden Monat etwa sechs neue Anträge gestellt, seit 2000 seien jährlich durchschnittlich 100 Zugänge zu verzeichnen gewesen. Mit einem »energischen« Protest begleitete der Jüdische Kulturverein Berlin e.V. (JKV) den »erneuten Versuch des Berliner Senats, die weitere Aufnahme von Verfolgten des Naziregimes in die PrVG-Rente einzustellen«. Man verstehe, dass Berlins Sparprogramm für alle Gebiete gelten müsse, erinnere sich aber an Aussagen auch im Abgeordnetenhaus, dass den überlebenden Opfern der Naziherrschaft »keine neuerlichen Aufregungen zugemutet werden«, hieß es in der von der JKV-Vorsitzenden, Dr. Irene Runge, unterzeichneten Mitteilung. Sie beklagte zudem »heimliche Vorbereitung, ohne Abstimmung mit den Verfolgtenverbänden«. Das sei »sachlich nicht korrekt«, widersprach Senatssprecher Günter Kolodziej. Es habe »intensive Gespräche« mit dem im Gesetz festgelegten Beirat gegeben. Dieser sei »naturgemäß nicht erfreut über die Stichtagsregelung«, andererseits aber zufrieden mit der Angleichung der Renten an die Steigerungsraten der Bundessozialhilfe gewesen. Damit sei Kontinuität gewährleistet und es müsse nicht alle zwei Jahre neu verhandelt werden. Vereinbart worden sei, dass der Senat gemeinsam mit den Interessengruppen umfassend über die Möglichkeit informieren, bis zum Jahresende einen Antrag zu stellen. All jene, die Ansprüche hätten - oder sie noch geltend machten -, erhielten die Leistungen unvermindert, bekräftigte der Senatssprecher. Im laufenden Jahr stünden für rund 2100 Berechtigte mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren im Haushalt 21,5 Millionen Euro bereit. Die Zahlung sei einzig in der Bundesrepublik, erinnerte er, und nannte Berlin »vorbildlich«. Auch in schwierigen Zeiten würden »aus moralischen und politischen Gründen keine Abstriche gemacht«. Für Aufregung sei kein Anlass gegeben. »Nicht leichtfertig, sondern äußerst sorgsam ist die PDS-Fraktion mit diesem Thema umgegangen«, bestätigte deren Sprecherin Kathi Seefeld. Das Vorhaben der Koalition sei gründlich geprüft und mit den Interessenvertretungen besprochen worden. In der für den Entwurf verantwortlich zeichnenden Verwaltung für Inneres von Senator Ehrhart Körting (SPD) wurde ND bestätigt, dass mit Verfolgtenorganisationen gesprochen worden sei. Es habe danach »kleinere Änderungen« gegeben. Froh sei man gewesen, das Gesetz überhaupt erhalten zu können. Unverändert gilt darin allerdings, dass Ansprüche nur von Personen geltend gemacht werden können, die vor dem 1. 1. 1991 in Berlin ihren Wohnsitz hatten. Anträge an das Landesverwaltungsamt Berlin, Entschädigungsbehörde, Abt. III, Fehrbelliner Platz 1, 10707 Berlin, Postfach 10702 Berlin, geöffnet Mo., Di., Fr. 9-12 Uhr.

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