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Lebenslang für Trabi-Mörder?

Für Staatsanwalt ist Schuld klar / Verteidigung spricht von Unfall

  • Lesedauer: 2 Min.

(ADN). Eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen dreifachen Mordes hat Staatsanwalt Horst Helbig am Montag im Cottbuser Familienmordprozeß für den 50jährigen Alfred Seh. gefordert. Im seinem Plädoyer vor dem Landgericht warf er dem Angeklagten vor, seine Ehefrau und die beiden Stieftöchter am 21. September 1990 zwischen Bühlow und Sellessen im Spree-Neiße-Kreis durch einen inszenierten Unfall und Brandstiftung am Trabant heimtückisch und brutal getötet zu haben. Zwei Verteidiger forderten Freispruch, da es für die Anklage keine Beweise gebe.

Laut Beweiskette des Anklägers hat Seh. Benzin aus einem Kanister ausfließen lassen, durch den inszenierten Unfall die Beifahrertür blockiert und

das Feuer entfacht. Heidi Seh. sei durch falsches Anlegen des Gurtes und Zuhalten der Beifahrertür im Wagen festgehalten worden. Helbig verwies auf eingeschmolzene Haare der Ehefrau in der Schuhsohle von Seh., die Art der Brandwunden beider Eheleute, Flammenund Plastikspuren an der Jacke des Angeklagten und das Fehlen einer unfallbedingten Zündquelle. Helbig verwies auf die Aussagen der Ehefrau, die in den zwei Tagen vor dem Tod ihren Mann mehrfach des Mordes beschuldigt hatte. Als Mordmotiv nannte der Staatsanwalt den Wunsch von Seh., einer zweiten Scheidung mit Streit und Besitzstandsverlusten zu entgehen.

Die Verteidiger sahen sich in ihrer Arbeit durch die Staatsanwaltschaft massiv be-

hindert und sprachen von Voreingenommenheit und Verfolgungswut der Behörde. Es gebe kein Motiv für die Tat, der Unfall sei zudem durch einen Griff der Ehefrau ins Lenkrad verursacht worden. Einen wichtigen Gutachter bezeichneten die Anwälte als wenig beweiskräftig und überzeugend, andere Expertisen lassen nach ihrer Meinung besonders zur Brandentstehung viele Fragen und Zweifel offen. Zudem schätzten sie die Beschädigungen des Trabant durch einen seitlichen Anprall an einen Baum als stärker ein als Experten und Staatsanwalt.

Am kommenden Mittwoch wird noch der Münchener Staranwalt Rolf Bossi sein Plädoyer halten, das Urteil wird am 6. Juli verkündet.

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