Nutzer oder Mieter?
Oft wird die Auffassung vertreten, daß für Genossenschafter das allgemeine Mietrecht nicht oder nur bedingt gelte. Deshalb sei es auch unsinnig, daß sie einem Mieterverein beitreten, denn die Mitglieder seien eigentlich keine Mieter, sondern Miteigentümer ihrer Wohnungen. Konflikte seien innerhalb der Genossenschaft zu lösen. In einer genossenschaftlichen Zeitschrift hieß es sogar: „Diejenigen Mitglieder, die dem Mieterverein in seiner Auffassung folgen, müssen sich den Vorwurf der Verletzung der genossenschaftlichen Treuepflicht gefallen lassen“. Außerdem hätten sie mit einem Rechtsstreit zu rechnen.
Das ist juristisch falsch und enthält sogar eine Drohung. Richtig ist, daß Genossenschafter zwei unterschiedlichen Rechtsverhältnissen unterliegen: Erstens dem Verhältnis, das sich aus dem Genossenschaftsgesetz und der Satzung ergibt, und zweitens dem Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter. Die mietrechtlichen Vorschriften aus dem BGB, dem Miethöhegesetz sowie der 1. und 2. Grundmietenverordnung usw. sind auch für Genossenschaften bindend.
Genossenschafter werden auch durch abweichende Begriffe verwirrt: Sie werden als Nutzer, nicht als Mieter bezeichnet. Der Mietvertrag heißt Nutzungsvertrag usw. Daß aus dem Genossenschaftsrecht zusätzliche Rechte und Pflichten beider Seiten resultieren, ist natürlich nicht zu verkennen.
Also: Auch für Genossenschaften sind die mietrechtlichen Bestimmungen des BGB verbindlich, wie z.B. das Recht des Mieters auf Mietminderung. Auch bei Mieterhöhungen, Betriebskostenabrechnungen und Modernisierungen sind Genossenschaften an die gleichen Rechtsvorschriften gebunden wie alle Vermieter.
Dr. RAINER RADLOFF
Mieterbund Land Brandenburg
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