WoGeHe verkauft 800 Wohnungen
Drei Privatisierungsvarianten in Hellersdorf / Auch Investoren auf dem Plan
Die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf (WoGeHe) will noch in diesem Jahr etwa 800 Wohnungen an Mieter verkaufen. Dazu auserkoren sind Quartiere im Gebiet östlich der Louis-Lewin-Straße und nördlich der U5. Dabei handelt es sich um vier- bis sechsgeschossige Gebäude, die erst Ende der 80iger und Anfang der 90iger Jahre fertig wurden. Die Wohnungen hätten deshalb einen guten Standard und würden für die Erwerber kein unkalkulierbares Instandhaltungsrisiko bergen, schildert WoGeHe-Pressesprecher Olaf Dietze ihre Vorzüge. Vorteil für die WoGeHe: Sie muß vor dem Verkauf nicht sanieren, was sich in einem relativ günstigen Verkaufspreis niederschlagen soll. Der soll zwischen 1 200 und 1 500 DM/m 2 liegen, für eine 60-m 2 -Wohnung also bei etwa 90 000 Mark. Mit einkalkulieren muß der kaufwillige Mieter aber den Instandsetzungsbedarf, der innerhalb von sieben Jahren auf 200 bis
500 DM/m 2 geschätzt wird. Diese Mittel haben die Erwerber durch monatliche Zahlungen in eine „Instandhaltungsrückstellung“ einzubringen.
Von ihren 38 000 Wohnungen muß die WoGeHe in den nächsten zehn Jahren 5 700 vorrangig an Mieter verkaufen. Über die Chancen dafür macht sie sich keine Illusionen. Dietze führt ein Umfrageergebnis ins Feld, wonach nur etwa fünf Prozent der Mieter dazu in der Lage sind. Deshalb wird auch der En-bloc-Verkauf an Investoren als eine Privatisierungsmöglichkeit weiter verfolgt. Dafür gibt es laut Pressesprecher diverse Interessenten, aber derzeit noch keine konkreten Verhandlungen, nur „punktuelle Gespräche“ Er verweist aber auf den Zeitdruck, unter dem die WoGeHe steht: „Unsere Gesellschaft ist die mit den höchsten Altschulden. Deshalb müssen wir schnell verkaufen, weil wir ansonsten einen immer größeren Anteil des Erlöses an Bonn ab-
führen müssen.“ Man werde Wohnungen aber nur an solche Investoren verkaufen, die über das Gesetz hinausgehenden Mieterschutz akzeptieren.
Die WoGeHe hat jetzt an alle Haushalte Broschüren verteilt, um die Privatisierung schmackhaft zu machen. In absehbarer Zeit werde es eine Zäsur geben müssen, um dann die Häuser festzulegen, in denen an Mieter verkauft wird. Dietze hält pro Haus mindestens 25 bis 30 Prozent kaufwillige Bewohner für erforderlich, um es privatisieren zu können. Für die restlichen Wohnungen würde die WoGe-He dann als Eigentümerin auftreten. Es könnten sich aber auch andere Hellersdorfer um den Kauf der Wohnungen bewerben. Deren Mieter, d,ie nicht kaufen können oder wollen, erhielten vergleichbare Ersatzwohnungen.
Die WoGeHe arbeitet noch an einer dritten Variante, um ihr Privatisierungskontingent zu erfüllen: der Ausgründung
von Wohnungsgenossenschaften. Für etwa 10 000 Mark können Mieter Genossenschaftsanteile erwerben, wofür die Genossenschaft die Wohnungen erwirbt. „Auf alle Fälle billiger als der notwendige Eigenkapitalanteil für den Kauf einer Wohnung“, meint Dietze. Die Sache hat nur einen Haken: Bisher wird diese Form der Eigentumsbildung vom Bundesbauministerium im Sinne des Altschuldenhilfegesetzes nicht anerkannt. „Wir sind dabei, diese Variante juristisch zu verfeinern“, gibt sich der Wo-GeHe-Sprecher dennoch optimistisch.
Problemlos dürfte der Verkauf von 40 Wohnungen Am Auerbacher Ring 35 über die Bühne gehen - sie stehen leer. Zur Wende noch unvollendet, wurden sie jetzt aufwendig umgebaut. Was seinen Preis hat: 2 3Q0 bis 2 700 DM/m 2 Die Gesellschaft nimmt's als gutes Omen, daß es trotzdem viele Interessenten gibt.
BERND KAMMER
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