Israel tötet Hamas-Gründer

Angst vor Nahost-Eskalation / Palästinenser drohen mit Vergeltung

Mit der gezielten Tötung des bislang höchsten palästinensischen Führers, Scheich Ahmed Jassin, durch Israel hat sich die Lage in Nahost am Montag schlagartig verschärft. In Gaza versammelten sich hunderttausende Palästinenser, um Abschied von Jassin zu nehmen. Das israelische Vorgehen stieß weltweit auf scharfe Kritik.

Gaza/Jerusalem (ND/Agenturen). Der 67-jährige gelähmte Gründer der radikalislamischen Hamas-Bewegung starb mit acht Begleitern, als israelische Kampfhubschrauber im Morgengrauen Raketen auf sie abfeuerten. Jassin war auf dem Heimweg vom Gebet in einer Moschee. Unter den Palästinensern löste die Liquidierung äußerste Wut und Empörung aus. Die Hamas-Bewegung kündigte blutige Vergeltung an und forderte »den Kopf« des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon. Palästinenserpräsident Yasser Arafat betonte, mit diesem »Verbrechen« habe Israel »alle roten Linien« überschritten. Bei Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und Demonstranten in den Palästinensergebieten starben sechs weitere Palästinenser. In einer Rede vor dem Parlament in Jerusalem bezeichnete Scharon die Tötung Jassins als Selbstverteidigung Israels gegen den Terror. Er nannte den Hamas- Gründer einen »Erzmörder«, dessen Hauptziel die Tötung von Juden und die Zerstörung des Staates Israel gewesen sei. Gaza-Stadt erlebte die größte Begräbniszeremonie aller Zeiten. Mehrere hunderttausend Palästinenser geleiteten die Toten zu ihrer letzten Ruhe. Die Leichname waren in die grünen Flaggen der Hamas gehüllt. Militante Palästinenser schwenkten Waffen und Banner der südlibanesischen Hisbollah-Miliz. Sie kündigten einen Neubeginn des bewaffneten Aufstandes (»Intifada«) gegen Israel an. In Erwartung palästinensischer Anschläge rief Israel höchste Alarmbereitschaft aus. Tausende Polizisten wurden in Stadtzentren und an zentralen Straßen positioniert. Die Tötung Jassins wurde weltweit scharf kritisiert. »Israel hat kein Recht zu außergesetzlichen Tötungen«, betonten die EU-Außenminister. Das Vorgehen Israels schaffe keine Bedingungen für Dialog und Frieden, die so dringend gebraucht würden, sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana. Bundesaußenminister Joschka Fischer betonte, eine Lösung könne nur auf dem Verhandlungswege erreicht werden. Die arabischen Regierungen verurteilten das Vorgehen ausnahmslos. »Dies wird das palästinensische Volk nicht von seinem Widerstand abbringen«, so Libanons Präsident Emile Lahoud. Israels Oppositionsführer Schimon Peres nannte die Liquidierung Jassins einen »Fehler«. Sie könne Israels Situation verschlechtern und ...

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