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,Schulamt entzottelt die Gemengelage'

Eine vierjährige Erfolgsbilanz und die Sorgen des zuständigen Senators

  • Lesedauer: 3 Min.

Fast peinlich erscheint es Schulsenator Jürgen Kiemann (CDU), daß die Gelder für die Berliner Schulen auch angesichts der immer schwierigeren Haushaltslage sich stetig vermehren. 1991 waren es noch 3,1 Milliarden DM, dieses Jahr wuchs die Summe auf 4,0,1995 werden es 4,6 und ein Jahr später 4,8 Milliarden DM sein, gab er gestern in seiner Vier-Jahres-Bilanz vor der Presse bekannt.

Bildung ist also nicht die Sparbüchse in Berlin, meinte der Senator, man habe wieder einmal Wort gehalten, was ja so ganz selbstverständlich nicht sei. 409 000 Schüler tummeln sich derzeit in 900 Schulen mit 33 385 Lehrern in 17 000 Klassen, gab Kiemann voller Stolz bekannt, als wäre dies sein Verdienst.

Doch seine Verwaltung „muß sich flexibel halten“, weil man mit schwankenden Schülerzahlen rechnet. Jetzt 100 000 Grundschüler Ost verringern sich bis ins Jahr 2000 auf schlappe 76 000, die in West vermehren sich von der-

zeit 108 000 auf 118 000. Und bei Oberschülern gibt es dann ein Minus von 20 000 (Ost) und ein Plus von 10 000 (West).

Wobei für den Senator gar nicht abzusehen ist, ob es nicht bis zur Jahrhundertwende noch zu einer Stadtflucht kommt, ob man vielleicht im Osten in guter Hoffnung wieder öfter schwanger wird und welche Völkerscharen anrücken, wenn die Stadt Regierungssitz ist. Jedenfalls wolle man in unabsehbarer Zeit 6,2 Milliarden DM in Schulbauten investieren.

Als Erfolg sieht der Senator das Mobilbauprogramm an,

bei dem bislang 1 300 fahrbare Unterrichtsräume geschaffen wurden. „Trotz allgemeinen Zitterns“ saß dadurch noch immer ein jeder rechtzeitig auf seiner Bank. Weitere 200 mobile Klassen sollen folgen.

Doch wer heutzutage erwähnte Milliarden dem Senatshaushalt entlocken will, muß selbstverständlich sparen. Kiemann sieht da Chancen bei den Baukosten. Die kann man verringern, indem man die Quadratmeterzahl der Nebenflächen zurücknimmt. Solche sind etwa die bisher getrennten Erste-Hilfe-Räume und die Elternsprechzimmer, die jetzt zusammengelegt werden sollen - immerhin geschieht dort in gewisser Weise ohnehin das gleiche.

Auch ist für den Senator nicht einzusehen, warum ein Schulneubau in Brandenburg 32 Millionen, in Berlin aber 41

Millionen DM kostet, und zwar bei gleichen Grundstücksverhältnissen. Unzufrieden indes zeigt sich Kiemann damit, daß es in vielen Schulen „in allen Ecken zum Himmel stinkt“ Manche in West haben, erläuterte er, seit 20 Jahren keinen Pinsel gesehen. Deshalb wünscht er sich ein 500 Millionen Mark schweres Aufmöbelungsprogramm.

Endgültig ab 1. Februar soll es das neue Schulamt geben, „das die Gemengelage entzottelt“ Denn er habe in der neuen SPD-Fraktionsführung „einen verläßlichen Partner“ Dann, so Kiemann, sind Bezirksämter gewissermaßen für die Hausmeister zuständig, das Schulamt für die Lehrer. Und für die ändere sich im Alltag ohnehin nichts, denn mitnichten wolle man sie in Tausendschaften durch die Stadt trei-

ben. RAINER FUNKE

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