Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Schuldenlast zerbricht Genossenschaften

Über Verfassungsktage noch nicht entschieden / Kaum Interesse am Wohnungskauf

  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Jahr ist es inzwischen her, daß die Genossenschaft Hellersdorfer Kiez konstatierte: Genossenschaftseigentum privatisieren zu müssen, ist verfassungswidrig. Doch

Karlsruhe schweigt noch immer, und die Wohnungsbaugenossenschaften im Osten geraten zunehmend unter Druck.

Das Altschuldenhilfegesetz stößt den Genossenschaften besonders bitter auf. Denn es bedeutet, Privateigentum, wenn auch gemeinschaftliches, noch einmal zu privatisieren. „Ein erheblicher Eingriff in das verfassungsrechtlich herausragend geschützte genossenschaftliche Wohneigentum,“ so die Hellersdorfer Genossenschafterinnen. Sie sehen keinen Grund, Wohnungen zu erwerben, die von ihnen laut Genossenschaftsgesetz sowieso auf Dauer genutzt werden können.

Seit fast einem Jahr läuft inzwischen die Verfassungsbeschwerde der Hellersdorfer. Lediglich 42 Familien, so Heidemarie Olschewski, Vorstandsvorsitzende der Kiez e.G., wollen ihre Wohnung kaufen. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) geht insgesamt von rund sechs Prozent kaufwilligen Ostberliner Genossenschaftlern aus, die für 73 Quadratmeter durchschnittlich 124 000 Mark ausgeben würden. Die Hellersdorfer, die kaufen würden, seien jedoch lediglich zur Zahlung von 1000 DM pro Quadratmeter bereit.

Wer finanziell in der Lage sei, investierte eher in ein Haus denn in eine Plattenbauwohnung. Schon jetzt bereite es zunehmend Schwierigkeiten, 3-Raum-Wohnungen, die 60 Prozent des Wohnungsbestandes ausmachen, auch nur zu ver-

mieten. Wenn also verkauft werden müsse, träfe dies die lukrativsten Wohnungen, und das könne sich, die Genossenschaft keineswegs leisten.

„In unserem Bestand“, so die Vorstandsvorsitzende, „befinden sich etwa 2 400 Wohnungen. Ein Verkauf würde bedeuten, diesen um rund 350 zu reduzieren. Der Mietenausfall wäre erheblich.“ Der in Aussicht gestellte und Sanierungszwecken des verbleibenden Bestandes zugute kommende Verkaufserlös sei unerheblich, da der Sanierungsbedarf in Hellersdorfer Plattenbauten mit 800 bis 1200 Mark pro Quadratmeter überdurchschnittlich hoch ist.

Auf den 5 200 Wohnungen der Wohnungsbaugenossenschaft Zentrum in Prenzlauer Berg lastete 1990 eine verordnete Altschuld von 60, 5 Millionen Mark, die infolge der nachträglich festgelegten Ver-

zinsungshöhe zum 31. Dezember 1993 auf 88,5 Millionen Mark geklettert ist. Deshalb müsse nach wie vor eine Aufhebung des Altschuldenhilfegesetzes bzw. seine Novellierung gefordert werden, so eine Sprechergruppe der Genossenschaft. Ihrem Vorstand geht es darum, durch den Verkauf von 900 Wohnungen weitere Verluste zu verhindern. Immerhin verspreche die günstige Citylage der Wohnungen durchaus perspektivische Vorteile für Käufer. Der Haken an der Sache ist jedoch: Finden sich nicht genügend kaufwillige Genossenschafterinnen, werden die Wohnungen Nichtmitgliedern angeboten. Und wieviel dann das Genossenschaftsrecht noch gilt, ob nichtkaufwillige Genossenschafterinnen letztlich gar ohne Wohnraum dastehen können, sei bislang nicht geklärt.

CLARA FELD

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal