Die „Mottenburg“ – zeitlos aktuell
Geblättert Ballettwunder Eine Posse um Berlin als künftige Weltstadt, Spekulanten und korrupte Politiker
Seit einigen Jahrzehnten ist es in den Metropolen Hamburg und Stuttgart gute Sitte, die Ballettomanen mit kunstfertig fotografierten Jahreskalendern zu erfreuen. Schon zum zweiten Mal ist jetzt auch die Staatsoper Unter den Linden mit dabei, wenn es heißt: Bitte blättern Sie in den Tanzwundern unserer Oper.
Die einfühlsame Fotografin Marion Schöne hat mit Ein* Stellungen, die den sich biegenden Körpern wie dem Bühnenraum gerecht werden, Repertoire-Choreographien eingefangen. Vorweg tanzen „DIX oder Eros und Tod“ von dem Marseiller Roland Petit. Als wär's von Dix höchstselbst gemalt: Tiefrot sticht gegen Nachtdunkel; stolz reckt sich das Covergirl, die Ballerina Bettina Thiel als „Anita Berber“, aus dem Ensemble-Reigen. Ist die Inszenierung heftig umstritten, kommt sie im Foto auf Hochglanz uneingeschränkt fabelhaft zur Geltung.
Moderne Kontrapunkte zum romantisch geflügelten Mädchencorps der „Giselle“ - bitterblau dämmern da Trockeneisbomben zu Theaternebel setzen die in Türkis getauchten „Wozzeck-Reflexe“ in der Parochialkirche. Klebt die gestreckte Zehe neben dem Ohr, fühlt sich die Tänzerin erst so richtig wohl, scheint's. Zu studieren sind hier auch, für Insider, die schulbuchgemäßen Positionen der strengen klassisch-russischen Schule, die dem Staatsopernballett das tänzerische Grundvokabular liefert. Und eins, und zwei, und drei, und vier...
Ein bißchen solcher Noblesse, ein so erhabenes Bilderglück sollte man sich fürs traute Heim ruhig leisten.
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