Honeckers Mantel hängt im „Sperrgebiet“ Hier sollen Leute fröhlich sein
Eine Ausstellung zur Gegenwart und Vergangenheit der Politbürosiedlung Wandlitz
Bestellt und nie abgeholt: Erich Honecker hat den grauen Mantel nicht mehr gebraucht. Sorgfältig einer Büste umgehängt, zugeknöpft und mit dem typischen Honecker-Hut versehen, steht er in der Ecke der einstigen Schneiderwerkstatt in der ehemaligen SED-Siedlung Wandlitz. Darüber das Schild: „Sperrgebiet! Unbefugten ist das Betreten, Befahren und die bildliche Darstellung verboten“. Bis zum November 1989 war fast 30 Jahre lang das Gebiet der Hinteren Heide - so heißt der Wald zwischen Bernau und dem Dorf Wandlitz die Zufluchtsstätte des Politbüros.
Fünf Jahre nach der Öffnung der Waldsiedlung erinnert eine kleine Ausstellung an das, was gewesen ist. „Wir wollten sachlich die Geschichte zeigen, aber auch Neues vorstellen“, sagt Christi Siegemund, die Projektbetreuerin. Das Interesse sei in der Bevölkerung immer noch groß.
„Rückblick - Einblick - Ausblick“ heißt die kleine Exposition, die von Frauen des Arbeitslosenprojekts „Silvia“ zusammengetragen wurde. Dabei habe man durchaus mit Widerständen zu kämpfen gehabt, wie die Projektleiterin bekennt. „Nicht jeder hier wurde gern mit der Vergangenheit konfrontiert.“
Die Ausstellung beschränkt sich nicht nur auf die Geschichte von „Volvograd“, wie die Siedlung im Volksmund wegen der Staatskarossen schwedischer Herstellung genannt wurde. Presseausschnitte aus den Novembertagen 1989 stehen neben Fotos von der Grundsteinlegung für die nach der Wende auf dem Gelände errichtete Brandenburg-Klinik. Bilder zeigen das Schlafzimmer des FDGB-Chefs Harry Tisch, ebenso den Bunker der Waldsiedlung. Die DDR-Schauspielerin und Intendantin Vera Oelschlegel bekennt: „Wandlitz hatte ich mir gedacht als eine Traumsied-
lung. Es war eine Alptraumsiedlung.“
Das „neue“ Wandlitz soll eine Kurstadt mit 2 500 Einwohnern, einem Thermalbad, Hotel und einer Ladenstraße werden. Mit der Brandenburg-Klinik ist der Anfang gemacht.
Noch bis zum 20. Dezember ist die Ausstellung zu besichtigen. „Wir wollen sie gerne erhalten und ausbauen“, sagt Christi Siegemund. Allzu neugierige Besucher brauchen sich dann nicht mehr die Nasen an den Fenstern der ehemaligen Prominentenhäuser plattzudrücken.
KAI-UWEKRAKAU, dpa
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