Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs (Teil 1)

  • Dr. PETER RAINER
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Geht ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft, also eine vertragliche Vereinbarung, auf einen anderen Inhaber über, entsteht für die Arbeitnehmer automatisch die Frage, in welchem Maße ihr Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses geschützt ist. Dieser Schutz ist in § 613 a BGB gesetzlich geregelt. Diese Rechtsnorm legt fest, dass der neue Inhaber voll in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Erfasst werden alle Arbeitsverhältnisse, also Vollzeit- wie Teilzeitbeschäftigungen, andauernde sowie befristete Arbeitsverhältnisse, aber auch alle ruhenden Arbeitsverhältnisse, so z. B. während der Elternzeit oder des Wehrdienstes. Der Schutz gilt sowohl für Arbeiter, für Angestellte wie für Auszubildende. Aus der Tatsache, dass die Arbeitsverhältnisse auf den Betriebsnachfolger übergehen, ergibt sich, dass der Inhalt der Arbeitsverträge erhalten bleibt. Sind bestimmte Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer durch Vereinbarungen im Tarifvertrag geregelt oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt, werden sie Inhalt des Arbeitsvertrages zwischen dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach der Umwandlung des Betriebs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Eine Lohn- oder Gehaltskürzung vor Ablauf eines Jahres würde z. B. gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und daher unwirksam sein. Gleiches gilt für eventuell zu zahlende Sondervergütungen auf der Grundlage bisheriger Betriebsvereinbarungen, auch wenn solche Vereinbarungen im neuen Unternehmen nicht gelten. Die Festlegung der betrieblichen Arbeitszeit ist in der Regel nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages, da sie der Entscheidung des Arbeitgebers im Rahmen des Direktionsrechts unterliegt. Hier ist die Anpassung des übernommen Betriebsteils an die Arbeitszeit des Stammbetriebes zulässig. Werden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber durch andere Tarifverträge geregelt, bestimmt das Gesetz spezielle Übergangsregelungen, die zu beachten sind. Paragraf 613 a BGB soll die Arbeitnehmer gegen Rechtsverluste im Falle eines Betriebsübergangs schützen. Daraus folgt, dass der Abschluss von Aufhebungs- und Änderungsverträgen nicht zulässig ist, wenn diese bezwecken sollen, die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang zu beseitigen. Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, solche Verträge abzuschließen, selbst wenn ihnen die Übernahme und der sofortige Abschluss eines neuen Vertrages mit dem Übernehmer des Betriebes oder des Betriebsteils angeboten oder garantiert wird. Ein neuer Arbeitsvertrag könnte z.B. negative Folgen auf die Anrechnung der Betriebszugehörigkeit haben. Grundsätzlich gilt: Alle Vertragsangebote, die eine Umgehung der Regelungen des § 613a BGB zur Folge haben, sind unwirksam. Der bisherige oder der neue Betriebsinhaber sind verpflichtet, die Arbeitnehmer ausreichend über den Betriebsübergang schriftlich zu unterrichten. Die Unterrichtung hat insbesondere zu erfolgen über - den Grund des Übergangs, - die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und - die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen. Diese Unterrichtung ist erforderlich, damit der Arbeitnehmer möglicherweise ein weiteres im § 613 a BGB geregeltes Recht, und zwar das Widerspruchsrecht geltend machen kann. Eine ausdrückliche Zustimmung zum Betriebsübergang durch die Arbeitnehmer ist rechtlich nicht möglich. Der vom Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer hat jedoch das Recht, der Übernahme seines Arbeitsverhältnisses durch den neuen Inhaber zu widersprechen, da ihm im Rahmen der Vertragsfreiheit ein neuer Arbeitgeber nicht aufgezwungen werden kann. Ein solcher Widerspruch und se...

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