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Bald nutzen Arbeitslose die CIA-Residenz

Untergründige Einblicke mit der Dekra in eine einstige Berliner Geheimdienst-Zentrale

  • Lesedauer: 2 Min.

Tief drunten in den Gewölben des Flughafens Tempelhof, genau dort, wo man sie vermuten würde, befindet sich die einstige Berliner CIA-Zentrale. Wenn in einem der Lastenaufzüge irgendwo in den weitläufigen Gemäuern „Etage minus drei“ angezeigt wird, steht man vor der Stahltür R0215. Dort begann und endete das Reich des US-Geheimdienstes. Von dieser Residenz aus wurde geplant, verschlüsselt, geschnüffelt, gefälscht, geschleust, getarnt, intrigiert gegen den Osten, eigene Verbündete, gegen sich selbst.

Doch scheint erstmal der Schlüssel verschwunden, obwohl der Pressetermin vor 14 Tagen beim Wachschutz angemeldet wurde. Der mache noch immer ein Geheimnis draus,

obgleich die Amis längst weg seien - wohl drei Jahre schon -, eben aus Macht der Gewohnheit, witzelt ein Herr von der Dekra, die gestern zu den untergründigen Einblicken geladen hatte.

So bleibt den Reportern mehr als eine halbe Stunde, auf ein Schlüsselerlebnis zu warten. Nicht einmal die angrenzende Toilette bietet Stoff für einen Plausch über den CIA, obgleich sich im Laufe der Jahre hunderte seiner Leute gerade hier ausgelassen haben dürften.

„Wie man sieht, sieht man nichts,“ meint der Dekra-Mann, als sich die geheimnisvollen Tore öffnen. Übelste Finsternis, wie sich das für einen Geheimdienst gehört. Lediglich eine Notfunzel erleuchtet die

Besucher, und mit ihnen die von unten und oben und von sonstwo noch dick isolierten Wände, den Elektronikschrott, der allüberall umherliegt, die aufgestapelten leeren Kisten. Die Räume wirken gehörig ausgeplündert. Nur ein toter Briefkasten, eine Durchreiche für Top-News sozusagen, fenstergroß und eisern, blieb erhalten. Nun ist er wirklich tot.

In eines der darüber liegenden Geschosse hat sich eine Zweigstelle der Dekra-Akademie eingenistet. Der als Kfz.-Überwachungsstelle bekannte Verein bildet hier in acht Schulungsräumen und drei Werkstätten 180 Leute, meist schwer vermittelbare Arbeitslose, in zehn Berufen aus und weiter - neben den traditionellen Sparten rund um das Auto auch als Heizungs- und

Lüftungsbauer, dazu in kaufmännischen Bereichen und Informationstechniken. Im Küchentrakt des einstmals amerikanischen Casinos erlernt eine kleine Schar gar den ehrenwerten Job eines Koches. Entgegen dem Trend im Bildungssektor, sagt Akademieleiter Roland Bank, wurden bislang eine halbe Million Mark investiert und 15 Arbeitsplätze geschaffen.

Derzeit verhandelt die Dekra, damit sie auch die CIA-Räume nutzen kann. Will sie etwa Leute für das finstere Geheimdienst-Gewerbe heranbilden? Kaum, lautet die Antwort. Dafür würde das Arbeitsamt, ganz im Gegensatz zu den Schulungen in den anderen Berufen, die Kosten nicht übernehmen. RAINER FUNKE

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