Eine Hommage an Käthe Kollwitz
Skulpturenausstellung in der Franziskanerklosterkirche lädt zum Verweilen
Der Sommer taucht die Backsteinmauern in immer wieder anderes Licht, Vögel zwitschern tapfer gegen den Verkehrslärm auf der Grunerstraße an: Die Ruine der Franziskanerklosterkirche ist ein idyllischer Platz im Herzen von Berlin. Der quirlige Alexanderplatz ist nur einen Steinwurf weit entfernt. Ein besserer Ort für sommerliche Skulpturenausstellungen läßt sich kaum denken. Deswegen hat der Förderverein Klosterkirchenruine entschlossen die Ausstellungstradition, die in dem Gebäude mit der Wende zunächst abriß, wiederbelebt.
In dieser Saison ehren die Künstler aus Berlin und Bran-
denburg die vor 50 Jahren verstorbene Käthe Kollwitz. Bei dieser Hommage geht es nicht darum, wie Diether Schmidt im Katalog schreibt, nach Spuren einer weiterlebenden Kollwitzschen Formgesinnung zu suchen. Vielmehr wolle man mit den Mitteln der figürlichen Kunst „bescheiden zur Mitmenschlichkeit beitragen“.
Erika Stürmer-Alex, die sich ihren Hang zum Experimentellen unverdrossen bewahrt, läßt zwei dunkelfarbige, kantige Polyesterriesen - der größere mißt vier Meter - hoch aufragen und gibt mit diesem Mut zur großen Dimension der gotischen Architektur eine würdige Antwort. Roland Rother,
auch er ist im Oderbruch zu Hause, versucht hingegen, „das Band zur Natur immer wieder neu zu knüpfen“. Er stellt eine schöne Personifikation des Flusses Oder aus, die sich auf einer Uferwiese zu räkeln scheint. Eine weitere erinnernswerte Arbeit stammt von Jannulis Tembridis, einem griechischen Künstler, der in Wulkow, einem kleinen Dorf bei Frankfurt an der Oder, lebt und arbeitet. „Orama“, Gesichter, Visionen, nennt er seine Skulpturengruppe, die aus neun behauenen Feldsteinen entstand. Tembridis gab märkischen Findlingen - im wörtlichen Sinne - ein Gesicht. Er meißelte maskenhafte, archaisch-verzerrte Züge in den
Stein und erinnert damit an einen alten Schöpfungsmythos. Den beiden letzten Menschen nach der Sintflut hatte Zeus nämlich erlaubt, die Menschheit zu erneuern, indem sie Steine über die Schulter warfen, aus denen sich dann Menschen erhoben.
Die Veranstalter nutzen dankenswerterweise die Möglichkeit, im ausführlichen Katalog dem Besucher auch die Geschichte der Klosterkirche und des Grauen Klosters näherzubringen.
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