Konflikte, die am Ende jeden berühren

»No.3 Barton Fink« im Saalbau Neukölln

Filmstoffe auf die Bühne zu bringen, hat beim Schauspiel Neukölln mittlerweile Tradition. »No. 3 Barton Fink«, die Adaption des Kultfilms von Joel und Ethan
Coen, ist nach »Vinyl« und Kaurismäkis »Trilogie der Verlierer« die dritte Inszenierung dieser Art im Saalbau Neukölln.
Es ist die bisher riskanteste, da der Film unter Cineasten als Meisterwerk gilt - auch wegen seiner surrealen Atmosphäre und der fantastischen Besetzung mit John Turturro als Barton Fink und John Goodman als teuflisch-netter Hotelnachbar. Hat man den Streifen noch halbwegs im Gedächtnis, kommt es deshalb unweigerlich zu Irritationen. Immer wieder schieben sich im Geist die Gesichter der Original-Schauspieler vor die Theater-Darsteller, wird der blonde Bühnen-Barton Nicolai Borger vom kraushaarigen  John Turturro überblendet und der schlanke Chris Urwyler von Goodmans riesenhafter Gestalt. Dass sich die Darsteller optisch so gar nicht ähneln, rettet das Stück aber vor dem ständigen Vergleichsdrang. Sonst hält sich Regisseurin Vera Samusch auffällig dicht am Film.
Die Geschichte vom gefeierten New Yorker Bühnenautor, der als Drehbuchschreiber nach Hollywood geht und dort scheitert, folgt dem Original fast szenengetreu: Die Aufgabe, ein Drehbuch für einen Catcher-Film zu schreiben, überfordert Barton Fink völlig. Einsam und neurotisch steigert er sich in eine Schreibblockade. Menschliche Wärme findet er nur bei seinem Nachbarn Charlie, einem Versicherungsvertreter. Doch dann geschehen schreckliche Dinge. Fink wacht nach einer Liebesnacht neben einer Toten auf, Charlie reist ab und entpuppt sich als Massenmörder. Realität und Fiktion verschwimmen...
Das Ganze ist sauber umgesetzt und gut gespielt. Eine beachtliche Leistung liefern vor allem Nicolai Borger als Hauptdarsteller, Gerhard Kulig als versoffener Autor beziehungsweise fieser Polizist und Catharina Scholz als Studioboss. Chris Urwyler dagegen schafft es nicht, aus dem übermächtigen Schatten von John Goodman herauszutreten. Das Teuflisch-Dämonische, das direkt neben der jovialen Aufdringlichkeit lauert, geht ihm ab. Trotzdem garantiert das Stück einen interessanten, unterhaltsamen Abend. Die Kernaussagen, der Konflikt zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Versagensängste und das Scheitern am System, gehen jeden etwas an.
Allerdings vermisst man auch in dieser inzwischen fünften Produktion des Schauspiels Neukölln langsam den Bezug des Theaters auf lokale Brennpunkte. Schade, denn die Aufarbeitung von sozialen Problemen aus der Umgebung wäre sicher eine Herausforderung für die Protagonisten des Theaters.

Am 29. und 30.9., am 2.10. und vom 5. bis 7.10., jeweils 20 Uhr, Saalbau Neukölln, Karl-M...

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