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  • Kultur
  • Fernsehfilm „Zu treuen Händen“ (ZDF)

Komödienwürdig – aber viel zu spät

  • Lesedauer: 2 Min.

Die „Treuhandanstalt hat sich erledigt, nachdem sie zuvor in Neudeutschlands Nordosten tabula rasa geschaffen hat. Nun ist ihr Wirken im Sinne der Systembewahrung auch komödienwürdig. Der Fernsehfilm „Zu treuen Händen“ (ZDF) schaute dem Breuel-Imperium retrospektiv auf die flinken Finger und zeigte den Schmutz unter den Nägeln da es niemandem mehr schaden kann.

Die Story In Altenburg soll eine volkseigene Nähmaschinenfabrik „abgewickelt“ werden, aber die Belegschaft und ihr tüchtiger „altlastiger“ Direktor Bracher (Andreas Rüdiger) wollen sich nicht so ohne weiteres auf die Westnudel schieben lassen. Also spielen sie der Treuhänderin Nina (Sophie von Kessel) ein florierendes Unternehmenvor. Döchin O6tberlini sind schon die Geschäftsverbindungen geschaltet, ein cleverer Nazi in Nadelstreifen hat die Immobilie gegen gute Provision einem bayerischen „Mittelständler“ namens Krautinger (Rolf Hoppe) reserviert. Nun fälscht er Ninas Gutachten um, und die Altenburger müssen, diesmal zusammen mit Nina, einen neuen Trick vorbereiten. Aus dem vietnamesischen Hilfsarbeiter wird ein koreanischer Großunternehmer, der mit Millionenbeträgen jongliert. Die Autoren lassen, als die Geschichte so verfahren ist, daß sie nur noch in der realen Misere enden kann, die Staatsmacht als „prokurator ex machina“ erscheinen (Kurzauftritt von Peter Fitz), und über einige Umwege wird aus Krautingers Schnäppchen eine Westinvestition zum Wohle des „Aufschwungs Ost“ - „Und so kommt zum guten Ende/alles unter einen Hut“, wie schon der große Augsburger dichtete: Ironie als die angemessene Haltung gegenüber einem Traum von Gerechtigkeit in dieser, unserer Welt.

Nun ist der Komödie ein gewisses utopisches Moment eigen; die Ästhetik spricht von der „lachenden Vorwegnahme des Möglichen“. Warum sollten denn nicht wenigstens einmal die ehrlichen Tüchtigen auch die Gewinner sein? Warum sollten nicht die Dummen und Schlimmen auch einmal die Treppe runterfallen? Warum sollte das Geld nicht ausnahmsweise mal zum Wohle der Allgemeinheit wirken? -Diese Komödie kommt freilich zu spät, die Zeitform, in der Hoffnung artikuliert wird, hat sich verändert: es heißt nicht

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