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  • Kultur
  • Zwei Jubiläen der Schauspielerin: Marion van de Kamp

Dame mit ländlicher Herkunft

  • Lesedauer: 3 Min.

Foto: Adelheid Beyer

Letzte Woche tourte sie noch durch Belgien, so daß ich sie nicht fragen konnte, ob sie noch immer 1 vegetarisch kocht, wie die Möhrenernte auf eigenem Feld in Biesdorf und der Sommer in Ahrenshoop war. Ich hätte auch gern gewußt, was sie heute von diesem 4. November 1989, an dessen Vorbereitung sie maßgeblich beteiligt war, nach fünf Wendejahren denkt. Immer ist sie beschäftigt und unterwegs, und wenn sie heute abend im Berliner theater im palais die Amanda (in Tennesie Williams „Glasmenagerie“) spielt, wird sie kurz zuvor aus dem Zug von Brüssel gestiegen sein. Am Dienstag wird sie 70 und am 19 Oktober vor 50 Jahren spielte sie das erste Mal auf einer Bühne: Marion van de Kamp als Sophie in Schillers „Kabale und Liebe“ im Dresdner Staatsschauspiel.

Ihre holländischen Vorfahren waren wohl Bauern - van de Kamp, „die vom Feld“ - , aber sie wollte zum Theater. Von Dresden ging es nach Meiningen, Plauen, Leipzig. Und dann nach Berlin, zunächst als Ansagerin beim neugegründeten Fernsehen der DDR (1953). Drei Jahre später spielte sie an der Volksbühne die Nelly in Fritz Wistens Inszenierung von

Uhrich Bechers „Feuerwasser , etwas später die Andromache („Troerinnen“), die Orsina („Emilia Galotti“) und die Königin Elisabeth („Maria Stuart“). In über 80 Rollen beim Theater und beim Fernsehen war sie zu sehen, vor allem im „Polizeiruf 110“, in „Der Staatsanwalt hat das Wort“ oder in anderen spannenden Krimis. „Mord in Gateway“ oder „Vera, der schwere Weg der Erkenntnis“ sind noch gut in Erinnerung. Hier durchbrach sie das Rollenklischee der schönen, gepflegten Grande Dame, auf das sie lange Zeit

festgelegt war; auch mit den „Durststrecken“ ihrer Tätigkeit an der Volksbühne, wo sie zeitweilig wenig Rollenaufgaben erhielt, mußte sie fertig werden.

Im Herbst 1989 trat sie, wie viele ihrer Kollegen der Theater, aus ihren Rollen heraus auf die Straße und forderte Demokratisierung der Staatspolitik der DDR. „Keine Gewalt“ stand auf der Schärpe, die sie als Ordner der Demonstration vom 4. November auf dem Alex trug; im Initiativkomitee „4.11.“ hatte sie maßgeblich Verantwortung getragen und später, bis zur Übernahme der Intendanz der Volksbühne durch Frank Castorf, das Theater mit zwei weiteren Kollegen geleitet.

Zuletzt sah ich sie auf der Bühne des Palais am Festungsgraben: Mit Gerry Wolff als G. B. Shaw in „Geliebter Lügner“. Sie spielt hier die Mrs. Patrick Campbell, die große britische Theatertragödin, mit dem gewinnenden Charme einer liebenswürdigen, selbstbewußten Frauensperson, in der die Spuren des Lebens - seine Ängste und Enttäuschungen - zugleich kenntlich gemacht werden - großartig!

KLAUS PFUTZNER

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