Konkurrenz zur Arbeitsagentur?

Kommunen dürfen künftig Langzeitarbeitslose betreuen - doch die meisten wollen nicht / Henning Rühe (parteilos), Landrat des Kreises Halberstadt, über die kommunale Umsetzung von Hartz IV

Sieben von 24 Stadt- und Landkreisen in Sachsen-Anhalt wollen ab 2005, wie es die so genannte Experimentierklausel im Hartz-IV-Gesetz ermöglicht, die Arbeitsverwaltung ganz in die eigenen Hände nehmen. Das verkündete jedenfalls in dieser Woche Sachsen-Anhalts Wirtschafts- und Arbeitsminister Horst Rehberger (FDP). Einer der sieben ist der Landkreis Halberstadt. ND fragte bei Henning Rühe (parteilos), Landrat des Kreises Halberstadt nach, warum man allein die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen übernehmen wolle.

ND: Wer soll künftig die Langzeitarbeitslosen betreuen - Bundesagentur für Arbeit oder Kreisverwaltung? Das ist die Frage, die hinter dem Optionsmodell steht. Der Halberstädter Kreistag hatte vor den Kommunalwahlen im Sommer beschlossen, der Kreis solle ab 2005 die Vermittlung der Langzeitarbeitslosen übernehmen. Bleibt es dabei?
Rühe: Ich möchte korrigieren: Der Kreistag fasste einen Vorratsbeschluss. Dieser war ursprünglich von Bedingungen ausgegangen, die nun aber durch die mit Hartz IV vorgenommenen Gesetzesänderungen im SGB II, die jetzt neben privatrechtlichen auch öffentlich-rechtliche Verträge erlauben, nicht eingetreten sind. Für uns war die frühere Überlegung zum Optionsmodell eine Kampfposition: Wir können das besser als die Arbeitsverwaltung.

Können Sie es denn?
Wir sind flexibler, aber ich denke, die jetzige Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, um eine Arbeitsgemeinschaft von Kreis und Bundesagentur für Arbeit (ARGE) zu bilden, wird die Chance eröffnen, dass jeder das macht, was er am besten kann.

Die Arbeitsagentur hält sich zugute, dass sie Jobs vermitteln kann. Was bringt der Landkreis ein?
Unsere Erfahrungen liegen in der Arbeit mit den Sozialhilfeempfängern. Arbeit statt Sozialhilfe ist zum Beispiel ein positives Beispiel, weil es erfolgreich Bürger in den Arbeitsprozess integriert.

Kehren Sie dem Optionsmodell also nun den Rücken?
Darüber wird letztlich der Kreistag entscheiden. Wir als Verwaltung haben uns nun dafür ausgesprochen, die Vorzüge beider Partner im Interesse der Betroffenen zusammenzubringen. Diese Meinung ist bei uns im Haus entstanden. Wobei es natürlich da ganz unterschiedliche Strömungen gab. Die einen dachten mehr fiskalisch, die Optionsvariante könnte dem Kreis Geld bringen; die anderen, die bevorzugen, es gemeinsam mit der Arbeitsagentur zu machen, dachten eher pragmatisch.

Minister Rehberger warnt die Kommunen vor den Gefahren, wenn man die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen übernimmt. Sehen Sie diese auch?
Durchaus. Der kleine Landkreis tritt in den Wettbewerb mit der mächtigen bundesweiten Arbeitsagentur. Das auszuleben und auszutesten, könnte ein Wagnis werden, das zu Lasten der Betroffenen in meiner Region ausfallen könnte.

Welche Chancen bietet der andere Weg, die Landzeitarbeitslosen mit Hilfe einer ARGE für den Landkreis Halberstadt zu betreuen?
Wir haben als Verwaltung ein Bundesgesetz umzusetzen, sind nicht die politisch wertenden. Wir nehmen eine große Herausforderung an und betreten Neuland. Eine Chance sehe ich darin, dass die Empfänger dieser Leistungen sich etwas dazuverdienen können. Ja, die Summen sind verschwindend gering, aber es kommen von der Gesellschaft Leistungen dazu, die mitgezählt werden. 160 Euro sind auf jeden Fall ein Zubrot. Das Programm des Diakonischen Werkes in Halberstadt unter dem Titel »Die 3. Chance« beweist, dass die Leute dazu bereit sind - ganz einfach, um sich als Mensch bestätigt zu wissen.

Was sagen Sie zu dem Einwand, dass die Ein- oder Zwei-Euro-Jobs dem Mittelstand zu Spottkonditionen die Arbeit wegnehmen?
Die Kommunen sind oberpleite, da ist kein Geld da, um Handwerkern Aufträge zu geben. Von 1990 bis 1995 entstand gerade im ländlichen Raum eine gute Infrastruktur. Die verfällt heute, weil Mittel fehlen. Darum bieten wir mit unserer kreislichen Arbeitsförderungs- und Qualifizierungsgesellschaft gemeinsam mit Gemeinden, freien Trägern aus dem sozialen und Sportbereich Möglichkeiten zum Tätigsein. Das hat ja auch einen großen sozialen Aspekt hat.

Fragen: Uwe KrausND: Wer soll künftig die Langzeitarbeitslosen betreuen - Bundesagentur für Arbeit oder Kreisverwaltung? Das ist die Frage, die hinter dem Optionsmodell steht. Der Halberstädter Kreistag hatte vor den Kommunalwahlen im Sommer beschlossen, der Kreis solle ab 2005 die Vermittlung der Langzeitarbeitslosen übernehmen. Bleibt es dabei?
Rühe: Ich möchte korrigieren: Der Kreistag fasste einen Vorratsbeschluss. Dieser war ursprünglich von Bedingungen ausgegangen, die nun aber durch die mit Hartz IV vorgenommenen Gesetzesänderungen im SGB II, die jetzt neben privatrechtlichen auch öffentlich-rechtliche Verträge erlauben, nicht eingetreten sind. Für uns war die frühere Überlegung zum Optionsmodell eine Kampfposition: Wir können das besser als die Arbeitsverwaltung.

Können Sie es denn?
Wir sind flexibler, aber ich denke, die jetzige Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, um eine Arbeitsgemeinschaft von Kreis und Bundesagentur für Arbeit (ARGE) zu bilden, wird die Chance eröffnen, dass jeder das macht, was er am besten kann.

Die Arbeitsagentur hält sich zugute, dass sie Jobs vermitteln kann. Was bringt der Landkreis ein?
Unsere Erfahrungen liegen in der Arbeit mit den Sozialhilfeempfängern. Arbeit statt Sozialhilfe ist zum Beispiel ein positives Beispiel, weil es erfolgreich Bürger in den Arbeitsprozess integriert.

Kehren Sie dem Optionsmodell also nun den Rücken?
Darüber wird letztlich der Kreistag entscheiden. Wir als Verwaltung haben uns nun dafür ausgesprochen, die Vorzüge beider Partner im Interesse der Betroffenen zusammenzubringen. Diese Meinung ist bei uns im Haus entstanden. Wobei es natürlich da ganz unterschiedliche Strömungen gab. Die einen dachten mehr fiskalisch, die Optionsvariante könnte dem Kreis Geld bringen; die anderen, die bevorzugen, es gemeinsam mit der Arbeitsagentur zu machen, dachten eher pragmatisch.

Minister Rehberger warnt die Kommunen vor den Gefahren, wenn man die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen übernimmt. Sehen Sie diese auch?
Durchaus. Der kleine Landkreis tritt in den Wettbewerb mit der mächtigen bundesweiten Arbeitsagentur. Das auszuleben und auszutesten, könnte ein Wagnis werden, das zu Lasten der Betroffenen in meiner Region ausfallen könnte.

Welche Chancen bietet der andere Weg, die Landzeitarbeitslosen mit Hilfe einer ARGE für den Landkreis Halberstadt zu betreuen?
Wir haben als Verwaltung ein Bundesgesetz umzusetzen, sind nicht die politisch wertenden. Wir nehmen eine große Herausforderung an und betreten Neuland. Eine Chance sehe ich darin, dass die Empfänger dieser Leistungen sich etwas dazuverdienen können. Ja, die Summen sind verschwindend gering, aber es kommen von der Gesellschaft Leistungen dazu, die mitgezählt werden. 160 Euro sind auf jeden Fall ein Zubrot. Das Programm des Diakonischen Werkes in Halberstadt unter dem Titel »Die 3. Chance« beweist, dass die Leute dazu bereit sind - ganz einfach, um sich als Mensch bestätigt zu wissen.

Was sagen Sie zu dem Einwand, dass die Ein- oder Zwei-Euro-Jobs dem Mittelstand zu Spottkonditionen die Arbeit wegnehmen?
Die Kommunen sind oberpleite, da ist kein Geld da, um Handwerkern Aufträge zu geben. Von 1990 bis 1995 entstand gerade im ländlichen Raum eine gute Infrastruktur. Die verfällt heute, weil Mittel fehlen. Darum bieten wir mit unserer kreislichen Arbeitsförderungs- und Qualifizierungsgesellschaft gemeinsam mit Gemeinden, freien Trägern aus dem sozialen und Sportbereich Möglichkeiten zum Tätigsein. Das hat ja auch einen großen sozialen Aspekt hat.

Fragen: Uwe Kraus

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