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Müllkippe Karlshorst – Bewohner wehren sich

LICHTENBERG: Bürgerverein macht mobil gegen Müllverbrennungsanlage am Blockdammweg

  • Lesedauer: 3 Min.

Nachdem die Pläne des Senats bekannt wurden, am Blockdammweg eine Müllverbrennungsanlage (MVA) mit einer Kapazität von 350 000 Tonnen pro Jahr zu errichten, reißen die Proteste betroffener Anwohner nicht ab. Der Bürgerverein Karlshorst forderte in einem offenen Brief den Regierenden Bürgermeister Diepgen auf, sich gegen die Anlage, deren Bau vor dem Jahr 2000 beginnen soll, einzusetzen. Dieser Tage erhielt der Verein Antwort vom Senat.

i,Wie viele andere Karlshorster hab' ich jahrzehntelang mit dem Dreck vom Kraftwerk Klingenberg gelebt. Doch nun werden wir mit einer neuen Umweltbelastung, mit zusätzlichen Lärm- und Geruchsbelästigungen, die zur Verschlechterung unserer Lebensqualität führen werden, konfrontiert“, sagt Vereinsvorsitzender Günter Bergner gegenüber ND. Der 70jährige Ortschronist hat 63 Jahre sei-

nes Lebens in Karlshorst zugebracht.

Nach der Wende registrierte die Energiewirtschaft ein stark anwachsendes Müllaufkommen. Außer in Ruhleben, so Bergner, sollten die Abfallberge deshalb auch an anderen Stellen Berlins vernichtet werden. Senat, BEWAG und BSR suchten nach neuen Standorten. 200 wurden ausgemacht, 20 kamen in die engere Wahl, vier wurden schließlich als

wirtschaftlich geeignet herausgefiltert. Neben Ruhleben sind das Standorte in Britz, Pankow und auch am Blockdammweg in Lichtenberg.

Günter Bergner: „Von der Eiszeit her haben wir hier in Karlshorst einerseits einen sumpfigen Untergrund, andererseits auch viel Sandboden. Die Erschütterungen des Bodens, selbst nach erfolgtem Straßenbau, würden unweigerlich Schäden an den größtenteils in Leichtbauweise errichteten Häusern im Kiez verursachen.“ Und mit einem Verkehrsaufkommen von bis zu 1000 Lkw pro Tag - oder zusätzlich zur bereits jetzt hohen Verkehrsdichte ein Lkw pro Minute - müßten die Anwohner nach Inbetriebnahme der

geplanten Müllverbrennungsanlage leben.

Der Bürgerverein Karlshorst führt weitere Bedenken gegen die Anlage ins Feld: Keine 300 Meter vom ausgesuchten Areal entfernt befinden sich Wohnhäuser. Die Waldsiedlung Wuhlheide gleich nebenan ist Trinkwasserschutzgebiet. Jenseits der Spree erholen sich die Berliner im Treptower Park. Auch der Wald- und Heidepark Wuhlheide ist Erholungsgebiet. An der Rummelsburger Bucht soll ein exklusives Wohnviertel gebaut werden.

Diese Bedenken teilte der Verein dem Regierenden mit und erfuhr nun im Antwortschreiben, weitere Schritte seien noch nicht beschlossen, eine vertragliche Vereinbarung

mit den Betreibern BEWAG und BSR nicht erfolgt. Für einen Senatsentscheid gebe es noch keinen Termin. Erst danach könne das Planungs- und Genehmigungsverfahren eingeleitet werden. Dann würde eine europaweite Ausschreibung erfolgen. Die Antragsunterlagen würden schließlich öffentlich ausgelegt werden. Und dabei gäbe es immer noch die Möglichkeit, Einwände vorzubringen, heißt es im Schreiben der Senatskanzlei.

Günter Bergner und seine Mitstreiter haben nun Hoffnung, daß die MVA-Pläne üii weite Ferne rücken. Notfalls' könne ja auch ein Bürgerbegehren mit 20 000 Unterschriften gestartet werden.

HANS-JURGEN NESSNAU

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