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Genossenschaft verkauft Wohnungen an Investor

LICHTENBERG: „Vorwärts“ setzt auf Zwischenerwerber / Mieterverein: Alternativen nicht geprüft

  • Lesedauer: 2 Min.

Jetzt verkaufen auch Genossenschaften Wohnungen an Investoren. Die Lichtenberger Wohnungsbaugenossenschaft „Vorwärts“ spielt dabei den Vorreiter, die rund 750 Wohnungen an sogenannte Zwischenerwerber veräußern will.

Grünes Licht dafür bekam der Vorstand am Dienstag abend bei einer außerordentlichen Vertreterversammlung. 85 der 96 anwesenden Vertreter der Genossenschaftsmitglieder stimmten für diese Form der Privatisierung.

Im Rahmen des Altschuldenhilfegesetzes muß die Ge-

nossenschaft 867 ihrer rund 5800 Wohnungen verkaufen, nur 120 sollen direkt an Genossenschaftsmitglieder veräußert werden. Diese Einzelprivatisierung sei gescheitert, da sie sich nicht innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne durchführen lasse und die meisten Genossenschafter dafür zu alt seien, begründete Vorstandsvorsitzender Reinhard Kirchner gestern die Ausschau nach kapitalkräftigen Zwischenerwerbern. Möglichst noch in diesem Jahr wolle man an sie alle 750 Wohnungen verkaufen, da ansonsten die Erlösabführung an den Erbla-

stentilgungsfonds zu hoch werde.

Die Möglichkeit, dem Privatisierungszwang durch die Ausgründung oder Abspaltung von Genossenschaften nachzukommen, beurteilt der „Vorwärts“-Vorstand skeptisch. „Das ist viel zu kompliziert und finanziell nicht günstiger als die Einzelprivatisierung“, meinte Kirchner. Wenn sich in einem Haus eine Genossenschaft bilden will, werde man das aber nicht verhindern. Ludwig Burkhardt, Vorstandsmitglied des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, hält die

Genossenschaftsbildung aber allenfalls bei kommunalen Unternehmen für möglich.

Im Gegensatz zum Berliner Mieterverein. „Offensichtlich ist diese Privatisierungsform aber nicht gewollt, denn man hat diese Möglichkeit erst gar nicht seriös geprüft“, wirft Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter dem „Vorwärts“-Vorstand vor Das Abstimmungsergebnis widerspiegele, daß 15 Prozent der Genossenschafter die Privatisierungsleidtragenden sind, während die anderen der Verkauf offenbar nicht interessiere.

Bei den betroffenen Genossenschaftern hat der bevorstehende Verkauf ihrer Wohnung für erhebliche Unruhe gesorgt. Sie erzwangen erst die Vertreterversammlung, deren Ergebnis sie aber kaum beruhigen wird. Kirchner kann ihre Angst verstehen und verspricht umfassenden Mieterschutz sowie die weitere „Fürsorge der Genossenschaft“ Wenn sie mindestens einen Anteil behalten, könnten sie weiter deren Mitglied bleiben und sich gegebenenfalls in eine Genossenschaftswohnung zurückziehen.

BERND KAMMER

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