• Kultur
  • Reportage - Mönkebude

Haus der Mönche und Mehlschwalben

Fischerdorf Mönkebude hat seine Zukunftsfähigkeit sogar schriftlich bestätigt bekommen

  • Gabriele Heyden
  • Lesedauer: 5 Min.
Das Fischerdorf Mönkebude hat eine Zukunft! Diese Aussage verblüfft Kenner des Ortes kaum. Neu ist, dass Bürgermeister, Gemeindevertreter und Bewohner ihre Zukunftsfähigkeit nun urkundlich bescheinigt bekommen haben. Denn Mönkebude beteiligte sich am deutschlandweiten Wettbewerb »Zukunftsfähige Kommune« und siegte. Eine Urkunde, gerahmt und hinter Glas, ist Bestätigung für Erreichtes und für Visionen. Die Unterschriften von Prof. Dr. Harald Köchele, Vorsitzender der Deutschen Umwelthilfe, und von Dr. Karl-Christian Zahn, Vorsitzender der Jury, besiegeln diesen Sieg in der Teilnehmerklasse der Gemeinden bis 5000 Einwohner. Agenda 21 heißt das Zauberwort, das den Stein ins Rollen brachte.
Gute zwei Auto-Stunden von Berlin entfernt liegt das Fischerdorf Mönkebude im Nordosten Deutschlands, unweit von Polen und direkt am Stettiner Haff. Mönche aus dem Kloster Grobe besiedelten im 12. Jahrhundert das Stück Land und machten es urbar. Daher auch der Ortsname: Mönke Bude - Haus der Mönche. Heute hält der ortseigene »Fremdenverkehrsverein Mönkebude am Stettiner Haff« des 750-Seelendorfes die Türen seiner Touristeninformation sieben Tage in der Woche offen. Fahrradausleihe, Zimmerbuchung und Tipps für Ausflüge sowie Veranstaltungen sind einige Dienstleistungen. Sogar ein kleines Museum nennt das Dorf sein Eigen. Die »Fischerstube« wuchs aus der einstigen Heimatstube. Sonderausstellungen sorgen für stete Abwechslung. Im Yachthafen erwarten die Zeesboote von Rika und Alwin Harder maritim Interessierte, um mit ihnen gemeinsam die braunen Segel zu setzen und sich vom Wind über das Haff schieben zu lassen. Und dann ist da der Strand, mit Strandkörben auf weißem Sand, ganz wie an der Ostsee, und die Strandhalle - eine Restauration, an der Einheimische wie Stammgäste sehr hängen.
Wen wundert es da, dass die Mönkebuder an ihre Zukunft glauben. Zu DDR-Zeiten gab es im Sommer kein leeres Bett im Dorf - das hat sich bis heute nicht geändert. Ansonsten hat sich ziemlich viel getan. Das ist nicht zuletzt den Entscheidungen des CDU-Bürgermeisters Detlef Schultz und der Gemeindevertreter zu verdanken. Das Dorfparlament besetzt neun Stühle während der Sitzungen im Gemeindehaus. Die parteiliche Zusammensetzung: sieben Mal CDU, zwei Mal PDS. Aber das Parteibuch spielt bei einer Dorfregierung nicht die Rolle - versichert Detlef Schultz, der seit dem Herbst 1991 das Zepter des Dorfes in der Hand hält.
Was eine Rolle spielt, und zwar eine mit der Zukunfts-Urkunde eng in Zusammenhang stehende, ist die Mehlschwalbe. Man mag es kaum glauben, aber der kleine Vogel wog ziemlich schwer beim Bemessen der Zukunftsfähigkeit der Kommune, da Vögel ein Indikator für die Umweltqualität sind. Zum dritten und letzten Mal hatte die Deutsche Umwelthilfe diesen Ausscheid im September 2003 ausgeschrieben. Da die Mönkebuder sowieso vorhatten, sich mit dem Thema Agenda 21 zu befassen, kamen die Dorfvertreter schnell zum Entschluss: Es könne ja nicht schaden, meinte man seinerzeit. Akteure aus Kommunalpolitik, Verwaltung, Verbänden, Vereinen und Einwohnern bildeten eine Aktionsgruppe »Agenda« und fingen an zu prüfen, zu forschen, zu planen und auch zu phantasieren. Einwohnerversammlungen sorgten dafür, dass alle Mönkebuder ein Mitspracherecht hatten. Das Leitbild für die Entwicklung von Mönkebude zu entwerfen, damit wurde das Neubrandenburger Planungsbüro Schütze & Wagner beauftragt.
Herausgekommen sind viele Ideen. Manche sind bereits Wirklichkeit geworden, manche werden bald angepackt und manche werden vielleicht Zukunftstraum bleiben. Aber nur wer weiß, was er vorhat, kann dann zuschlagen, wenn das immer weniger werdende Geld vom Land oder der EU verteilt wird, ist Bürgermeister Schultz überzeugt. Der Tourismus ist wichtigster Motor für die Entwicklung Mönkebudes. Das hat die Planerin Beate Wagner den Dorfbewohnern mit auf den Weg gegeben. Deshalb liegt ihnen beispielsweise die Hafenerweiterung sehr am Herzen. So soll vor die bestehende Mole eine zweite vorgelagert werden. Das würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens verhindere es, dass der Strandsand weiterhin die Fahrrinne zuspült, und zweitens entstünden in dem neuen Hafenbecken weitere Liegeplätze für Yachten und für ein Fahrgastschiff.
Dass es in Mönkebude schon immer Menschen gab, die sich mit dem Fischfang beschäftigten, ist auch heute nicht zu übersehen. Fünf Mönkebuder Fischer verdienen sich heute noch auf dem Haff ihren Lebensunterhalt. Allerdings hat sich noch kein Fischer gefunden, der das Gefangene vor Ort feil bietet oder gar räuchert. Das ärgert den Bürgermeister und die meisten Bewohner. So steht folgerichtig als ein anzugehendes Projekt die Erlebnis- und Fischräucherei im Leitbild. Beim Thema Strandhalle - eine Gaststätte mit Saal, gebaut direkt im Sand des Haffstrandes - gab es kein Wenn und Aber bei Pro und Kontra. Das eindeutige Pro galt dem Erhalt und der Sanierung. Und da die Mönkebuder nicht lange fackeln, wenn sie einen Entschluss gefasst haben, konnten die Urlauber der Saison 2004 bereits in der »neuen« Strandhalle speisen, ein Eis essen oder ein Bierchen zischen. Ob die geplante Traditionswerft und das damit verbundene neue Hafenbecken einmal Wirklichkeit werden wird Aber wie war das mit den Ideen und dem Geld aus Brüssel? Man wird den kleinen Fischerort beobachten müssen - und vielleicht ist ja doch bald Stapellauf für den Nachbau eines Pommerschen Lastenkahns.

www.ueckermuende-land.de; www.moenkebude.de
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