Wie finanziert die Kirche ihr Sozialsystem?

Neben anderen Vereinen und Verbänden betreiben die evangelische und die katholische Kirche Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Schulen. Wer finanziert die Errichtung, die bauliche Erhaltung, die Ausstattung und die Bezahlung des Personals dieser Einrichtungen?
Manfred Erbe, Leipzig

In der Bundesrepublik Deutschland sind die christlichen Großkirchen nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber. Sie nehmen insbesondere im Sozialbereich eine dominierende Stellung ein. Zu den sich hartnäckig haltenden Legenden gehört, dass die Kirchen die Kirchensteuer benötigen, um ihre umfangreiche Sozialarbeit zu finanzieren. Die Realität sieht anders aus. Wie alle Sozialeinrichtungen in Deutschland sind auch die der Kirchen gänzlich oder überwiegend (Kindergärten zum Beispiel zu rund 85 Prozent) öffentlich finanziert. So wird ein Krankenhaus in katholischer Trägerschaft zu 100 Prozent vom beitragsfinanzierten Krankenkassensystem getragen. Kirchliche Krankenhäuser und Altenheime finanzieren ihren Betrieb ebenso wie öffentliche oder freie Träger völlig ohne Kirchensteuermittel. Nach dem Krankenhaus-Finanzierungsgesetz hat der Bund 100 Prozent der Investitionskosten (Errichtung, Erweiterung, Modernisierung, Erstausstattung) zu übernehmen, während die laufenden Kosten aus den Kostensätzen der Krankenkassen zu tragen sind. Lediglich für Kapellen - die sicher nicht zur medizinisch notwendigen Ausstattung eines Krankenhauses gehören - leistet die Kirche einen Zuschuss zu den ebenfalls vom Staat zur Verfügung gestellten Mitteln. In der Regel treten nicht die Kirchen selbst als Träger sozialer Einrichtungen auf, sondern rechtlich selbstständige Vereine wie Diakonisches Werk und Caritas. Diese finanzieren sich völlig eigenständig aus Leistungsentgelten, Kostensätzen der Sozialträger, öffentlichen Zuschüssen und Spenden. Auch hier ist der Anteil von Kirchensteuern am Etat nur gering.
Die beherrschende Stellung der Kirchen im Sozialwesen wurde 1961 von der damals mit absoluter Mehrheit regierenden CDU gesetzlich verankert - mit dem Subsidiaritätsprinzip im Sozialbereich, nach dem freie vor staatlichen Trägern Vorrang haben. Obwohl die Kirchen hier nur einen Bruchteil der anfallenden Kosten selbst tragen, sorgt dieses System für erhebliches Prestige und gesellschaftlichen Einfluss. Durch das unveränderte Festhalten an den bestehenden Strukturen im Sozialwesen trägt der angeblich weltanschaulich neutrale Staat so zur institutionellen Stärkung der Ideologie der Großkirchen bei.
Ingolf Bossenz
ND-Redakteur

Und welche Fragen haben Sie?Neben anderen Vereinen und Verbänden betreiben die evangelische und die katholische Kirche Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Schulen. Wer finanziert die Errichtung, die bauliche Erhaltung, die Ausstattung und die Bezahlung des Personals dieser Einrichtungen?
Manfred Erbe, Leipzig

In der Bundesrepublik Deutschland sind die christlichen Großkirchen nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber. Sie nehmen insbesondere im Sozialbereich eine dominierende Stellung ein. Zu den sich hartnäckig haltenden Legenden gehört, dass die Kirchen die Kirchensteuer benötigen, um ihre umfangreiche Sozialarbeit zu finanzieren. Die Realität sieht anders aus. Wie alle Sozialeinrichtungen in Deutschland sind auch die der Kirchen gänzlich oder überwiegend (Kindergärten zum Beispiel zu rund 85 Prozent) öffentlich finanziert. So wird ein Krankenhaus in katholischer Trägerschaft zu 100 Prozent vom beitragsfinanzierten Krankenkassensystem getragen. Kirchliche Krankenhäuser und Altenheime finanzieren ihren Betrieb ebenso wie öffentliche oder freie Träger völlig ohne Kirchensteuermittel. Nach dem Krankenhaus-Finanzierungsgesetz hat der Bund 100 Prozent der Investitionskosten (Errichtung, Erweiterung, Modernisierung, Erstausstattung) zu übernehmen, während die laufenden Kosten aus den Kostensätzen der Krankenkassen zu tragen sind. Lediglich für Kapellen - die sicher nicht zur medizinisch notwendigen Ausstattung eines Krankenhauses gehören - leistet die Kirche einen Zuschuss zu den ebenfalls vom Staat zur Verfügung gestellten Mitteln. In der Regel treten nicht die Kirchen selbst als Träger sozialer Einrichtungen auf, sondern rechtlich selbstständige Vereine wie Diakonisches Werk und Caritas. Diese finanzieren sich völlig eigenständig aus Leistungsentgelten, Kostensätzen der Sozialträger, öffentlichen Zuschüssen und Spenden. Auch hier ist der Anteil von Kirchensteuern am Etat nur gering.
Die beherrschende Stellung der Kirchen im Sozialwesen wurde 1961 von der damals mit absoluter Mehrheit regierenden CDU gesetzlich verankert - mit dem Subsidiaritätsprinzip im Sozialbereich, nach dem freie vor staatlichen Trägern Vorrang haben. Obwohl die Kirchen hier nur einen Bruchteil der anfallenden Kosten selbst tragen, sorgt dieses System für erhebliches Prestige und gesellschaftlichen Einfluss. Durch das unveränderte Festhalten an den bestehenden Strukturen im Sozialwesen trägt der angeblich weltanschaulich neutrale Staat so zur institutionellen Stärkung der Ideologie der Großkirchen bei.
Ingolf Bossenz
ND-Redakteur

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